Westfalen Stickerei-Fragment mit Greifen und geflügelten Pferden, Reliquienhülle/Skulpturenkleidchen aus thronender Madonna aus Osnabrück (Inv.-Nr. E-20 LM] , 12. Jh.
Die sterblichen Überreste von Heiligen in Skulpturen oder Goldschmiede-Reliquiaren in wertvolle Stoffe zu hüllen, war im Mittelalter weit verbreitet. Die Existenz von gewebten und bestickten Textilfragmenten aus dem Orient oder aus Byzanz hängt mit der Mobilität im hohen Mittelalter zusammen, wenn z. B. durch Pilgerreisen kostbare Gewänder in den Westen gelangten. Hier wurden sie aufgrund ihrer edlen Materialien und der exotischen Motive sehr wertgeschätzt, weiter aufgeteilt, als Geschenke weitergegeben und immer wieder neu genutzt. Vorlagen für die hier dargestellten Fabelwesen, oben Greifen und unten geflügelte Pferde, finden sich u. a. auf sassanidischen Seidenstoffen des frühen Mittelalters. Das vorliegende Fragment erfuhr ohne Rücksicht auf die Ausrichtung der Stickereien eine Umarbeitung zu einem ärmellosen Kleidchen, wie die beiden Abnäher unten vermuten lassen. Es war wohl für die Madonna gedacht, in der es gefunden wurde. Um den Umhang anlegen oder über den Kopf ziehen zu können, wurde der Schleier der Holzfigur abgearbeitet.
Marx, Petra: Kat.-Nr. 157 b, in: Marx, Petra (Hg.): Barbarossa. Die Kunst der Herrschaft [Ausst.-Kat. LWL-Museum für Kunst und Kultur, Münster 2022], Petersberg 2022.
Jászai, Géza, Kat.-Nr. A3.3, in: Marx, Petra (Hg.): Imagination des Unsichtbaren. 1200 Jahre Bildende Kunst im Bistum Münster [Ausst.-Kat. Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, Münster 1993], Bd. 2, Münster 1993.
Kluge, Dorothea: Kat.-Nr. 153, in: Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte (Hg.): Konservieren Restaurieren [Ausst.-Kat. Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, Münster 1975], Münster 1975.