Johannesschüssel (wohl aus St. Lambertus Ascheberg), 2. Hälfte 16. Jh.
Die drastische Darstellung des abgeschlagenen Hauptes von Johannes dem Täufer auf einer Schale gehörte zu den beliebtesten Andachtsbildern des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit. In der Volksfrömmigkeit kam diesen sogenannten Johannesschüsseln eine wichtige Rolle zu, da ihre Verehrung als heilsam gegen Halskrankheiten galt. Das Motiv geht auf die Legende der jungen und verführerischen Salome zurück, die von König Herodes als Preis für ihren Schleiertanz forderte, Johannes zu köpfen und seinen Kopf auf einer Schale an die Festtafel zu bringen. Das Pfeifenton-Relief aus der Werkstatt von Judocus Vredis in Weddern besteht aus einem auf die Spitze gestellten Quadrat und dem darin eingefügten Teller mit der Umschrift „Unter allen, die von einer Frau geboren sind, ist keiner aufgetreten, der größer ist als Johannes der Täufer“. In den Zwickeln erscheinen kleine Sterne, die typisch sind für die signierten Werke von Judocus Vredis. Auf der Rückseite findet sich allerdings das Namenskürzel „Ger“, das auf einen anderen Hersteller in der Vredis-Werkstatt hinweisen könnte. Die etwas unbeholfene Bemalung des Reliefs ist vermutlich eine spätere Zutat. Sie setzt das totenbleiche Gesicht des Täufers in einen wirkungsvollen Kontrast zur belebt wirkenden dunklen Bart- und Lockenpracht des Heiligen. Das Loch in der oberen Spitze ist ebenfalls nachträglich eingebohrt. Die Johannesschüssel war vermutlich in eine Wand oder einen Ofen eingeputzt.
Kosel, Franz-Josef / Musolff, Claudia: Kat.-Nr. K 51, in: Sodman, Timothy (Hg.): Judocus Vredis. Kunst aus der Stille. Eine Klosterwerkstatt der Dürerzeit [Ausst.-Kat. Hamaland Museum, Vreden 2000/01 / Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, Münster 2001], Borken 2001.
Wormstall, Albert: Judocus Vredis und das Kartäuserkloster zu Wedderen bei Dülmen in Westfalen, Münster 1896, S. 18.