Johann Brabender Adam und Eva vom Paradiesportal des St. Paulus-Doms in Münster, um 1545 – 1550
Der dreiteilige Sündenfall, Adam, Eva und der Baum der Erkenntnis mit der verführerischen Schlange, wurde durch den Domherrn Dietrich von Meschede (gest. 1545) bei dem hiesigen Bildhauer Johann Brabender in Auftrag gegeben; unklar ist es, ob der Domherr diesen Auftrag noch zu seinen Lebzeiten oder testamentarisch nach seinem Tod erteilt hat. Der zu Füßen des Baumes sitzende Putto hält die Familienwappen Dietrichs. Ursprünglicher Standort der Gruppe war das Portalfeld (Tympanon) über dem Eingang zur südlichen Domvorhalle, Paradies genannt. Hier ersetzte das Bildwerk vermutlich ein älteres Ensemble mit dem gleichen Thema, das durch die Wiedertäufer 1533/34 zerstört worden war. Dem antikatholischen Bildersturm fielen auch viele Arbeiten Heinrich Brabenders, des Vaters von Johann, zum Opfer – der Sohn sollte von der anschließenden großen Nachfrage nach Kirchenschmuck profitieren. In der vollplastisch ausgearbeiteten Figurengruppe, den lebensnahen Körpern Adams und Evas oder dem durchbrochenen Blattwerk des Baums, zeigt sich die künstlerische Meisterschaft Johann Brabenders. Er kann als der erste münsterische Bildhauer der beginnenden Renaissance gelten, zurückgreifend unter anderem auf das große Vorbild Albrecht Dürers und dessen berühmten Sündenfall-Kupferstich von 1504. Eine ganz eigene Note verleiht Johann dem Thema durch den Gegensatz zwischen der unbekümmert lächelnden Eva (die sündige Schlange ist der Urmutter aus dem Gesicht geschnitten) und dem ernst blickenden Adam –auf die Erkenntnis der eigenen Nacktheit folgte bekanntlich die Vertreibung aus dem Paradies. Auch auf die Ausarbeitung des Baumstamms, der die Scham bedeckenden belaubten Zweige und die aufwendige Zopffigur der Eva legte der Bildhauer großen Wert – Zeugnisse seines eigenen Naturstudiums. Bis auf wenige Fehlstellen sind die fein modellierten Figuren gut erhalten. Die in großen Teilen erhaltene originale Bemalung (Fassung) trägt zum zwischen Heiterkeit und Demut schwankenden Charakter des Bildwerks bei.
Petra Marx
Epking, Simone: Johann Brabender. Das Werk des westfälischen Bildhauers im Epochenumbruch. In: Arnhold, Hermann (Hg.): Die Brabender. Skulptur am Übergang vom Spätmittelalter zur Renaissance [Ausst. Kat.]. Münster 2005. S. 54–73. Heise, Karin: Der Lettner des Hildesheimer Domes. In: Der Hildesheimer Dom. Studien und Quellen, Bd. 2.1). Hildesheim [u. a.] 1998. S. 78/79.
Leihgabe des Bistums Münster
Material
Baumberger Sandstein Inventarnummer
D-454 DK Standort
Raum 1.12 Kunstwerk des Monats
KdM_10_1983.pdf