Ein schwarz gekleideter Geistlicher mit weißem Kragen, rot geknöpfter Mozzetta (Schultermantel) und schwarzem Birett blickt auf den Betrachter. Der Blick ist leidend und besorgt zugleich. Ein 1648 in Antwerpen publizierter Kupferstich identifiziert Künstler und Modell: Anselm van Hulle malte den päpstlichen Nuntius Fabio Chigi (1599–1667). Nach dessen Tagebuch entstand das Porträt am 4. und 11. Dezember 1646 in Münster. Chigi wirkte hier von März 1644 bis zum Dezember 1649, um beim Westfälischen Friedenskongress als „Mediator“ den Frieden zwischen den katholischen Mächten, dem Kaiser, Spanien und Frankreich zu vermitteln. Nur in Teilen war Chigi erfolgreich – der spanisch-französische Krieg dauerte bis 1659 fort; und gegen das am 24. Oktober 1648 in Münster unterzeichnete Vertragswerk legte er förmlichen Protest ein, weil der Friede wesentlich auf Kosten der Kirche ging, die in Deutschland 13 Erz- und Fürstbistümer an die Protestanten verlor – ein Rechtsvorbehalt, da die Kirche nicht zugestimmt hatte. Das politische Scheitern ist dem Prälaten, der unter dem feuchten westfälischen Klima litt und nierenkrank war, anzusehen. Seine Frustration hat Chigi, ein Meister der lateinischen Verskunst, auch in Gedichten verarbeitet. Dieses Porträt war sein „Souvenir“. In Rom zurück, wurde er 1652 Kardinalstaatssekretär, 1655 Papst Alexander VII. und vererbte das Bild seiner Familie. Das 1963 im New Yorker Kunsthandel angebotene Gemälde konnte dank der Stadt Münster erworben werden als Geschenk für die Eröffnung des geplanten Neubaus - was am 27. Mai 1974 öffentlich vollzogen wurde. Der Bildnismaler Anselm van Hulle, Hofmaler des Prinzen von Oranien, hat nicht signiert. Hulle und andere Maler fertigten für viele Gesandte und für den Stadtrat ganze Galerien; Chigi allein ließ sich siebenmal malen. Kupferstichreproduktionen verbreiteten die Bildnisse der für den Frieden verantwortlichen Gesandten: die Öffentlichkeit erhöhte den Erwartungsdruck auf den Erfolg der zähen Verhandlungen.

Schenkung der Stadt Münster