















Martha Rosler Unsettling the Fragments (Eagle) (Erschütterung der Fragmente (Adler)), 2007
Ein steinerner Adler im Greifflug empfängt die Besucherinnen und Besucher vor den Münster Arkaden, einem großen Einkaufszentrum in der Innenstadt. Martha Rosler stellte dort 2007 die Kopie eines Emblems auf einen Mast, dessen Original bis heute die Fassade des Luftwaffentransportkommandos der Bundeswehr, ehemals der Wehrmacht, vor Ort in Münster ziert. Das Gebäude wurde 1935 zur Zeit des Nationalsozialismus von dem Architekten Ernst Sagebiel gebaut, dem Adler über dem Eingangstor wurde nach Kriegsende das Hakenkreuz-Symbol aus den Klauen geschlagen. Die amerikanische Konzeptkünstlerin überzog Münster während der skulptur projekte münster 07 mit mehreren Erinnerungsmomenten in Form verschiedener Symbole, welche aus einer intensiven Ortsrecherche hervorgingen (Rosler 2007). Die Installation "Unsettling the Fragments" umfasste neben dem steinernen Adler noch zwei weitere Elemente: Für den Zeitraum der Ausstellung führte ein Bambustunnel, ähnlich den Gewächsen im Botanischen Garten, vom Chorbereich der St.-Lamberti-Kirche zur Stadtbücherei. Vor der Bücherei standen Kopien der drei Eisenkörbe, in denen im 16. Jahrhundert die gefolterten Körper der sogenannten Wiedertäufer zur Schau gestellt wurden. Die Originalkörbe befinden sich am Kirchturm zu St. Lamberti. Als Stellvertreter vergangener Machtverhältnisse, politischer Ideologien und gesellschaftlicher Entwicklungen rekontextualisiert Rosler die Reproduktionen und lenkt unsere Aufmerksamkeit auf die darin gespeicherte Vergangenheit. Gleichzeitig zeigt sie durch die Wahl der Orte und Objekte Kontinuitäten auf. Der Adler stellt die Architektur der Münster Arkaden zur Diskussion, die stilistisch an die Tradition der Bauten aus der Zeit des Nationalsozialismus erinnert und verweist darüber hinaus auch auf eine aktuelle Situation: Das Hauptquartier der Bundeswehr, wo sich noch immer der originale Adler befindet, beteiligt sich fortwährend an internationalen Einsätzen. Damit weist Rosler auf Widersprüche im heutigen Stadtbild sowie unserer Haltung zur Stadt und ihrer Geschichte hin und provoziert Fragen nach gelöschten und sichtbaren Spuren der Vergangenheit.
Sophia Trollmann
Rosler, Martha: Martha Rosler. Unsettling the Fragments, in: Brigitte Franzen / Kasper König / Carina Plath (Hg.): skulptur projekte münster 07 [Ausst-Kat. LWL-Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, Münster 2007], Köln 2007, S. 202–213.
© Martha Rosler
Skulptur-Projekte 2007 / Erworben mit Unterstützung der Freunde des Museums für Kunst und Kultur Münster e. V., 2007/2008
Skulptur-Projekte 2007 / Erworben mit Unterstützung der Freunde des Museums für Kunst und Kultur Münster e. V., 2007/2008
Maße
Höhe 300 cm Breite 180 cm Tiefe 50 cm
Material
Styropor, Armierungsputz Inventarnummer
A-1272 LM Standort
Münster, Rothenburg / Ecke Königsstraße