Timm Ulrichs Raum-Koordinaten-Raum, 1973 – 2005
Timm Ulrichs, von 1971 bis 2004 Professor an der Kunstakademie Münster, konzipierte 1973 speziell für eine räumliche Ecksituation im damaligen Landesmuseum den „Raum-Koordinaten-Raum“. In diesem Bereich, weiß gestrichen und ansonsten leer, markierte Ullrichs drei fiktive Raumachsen x, y und z mittels schwarzer Stahlwinkel. Die Rauminstallation schließt an seine Überlegungen zu Fluchtpunkten und Fluchtlinien an, die seit der Renaissance zur Visualisierung von Räumen genutzt werden. Letztlich sind sie jedoch nur Hilfskonstruktionen, anhand derer sich der Mensch eine Vorstellung von der Welt zu machen versucht. Diesem schematischen Denken begegnet der Künstler mit der für ihn typischen Ironie, indem er diese Denkmuster den Betrachter:innen plastisch vor Augen führt: Mit den drei metallenen Achsen beschreibt Ulrichs Höhe, Breite und Tiefe der Raumecke und überträgt so die Eckpunkte geistiger Raumdarstellung in den realen Museumsraum. Anknüpfend an Paul Klees Diktum, dass Kunst nicht das Sichtbare wiedergebe, sondern sichtbar mache, gibt Ulrichs diesen eigentlich augenfälligen Eckdaten der Raumbeschreibung eine skulpturale Form. Er macht also vermeintlich bereits Bekanntes sichtbar. Dieser Erkenntnis wohnt jedoch auch das Moment einer kritischen Reflexion inne: Indem der Künstler die Schematisierung und Systematisierung des menschlichen Denkens thematisiert, weist er über die Raumsituation hinaus und verleiht seiner Arbeit eine gleichfalls soziopolitische Dimension, die nach wie vor relevant ist.
Phillip Ost
© VG Bild-Kunst, Bonn 2024
Schenkung des Künstlers
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