Johann Anton Kappers Sitzbildnis Clemens August Joseph von Galen (1748–1820) als Kleinkind mit Schoßhund, um 1750/1751
Auf einem prächtigen breiten Sessel sitzt vor einem großen roten Kissen auf einem weißen Tuch der junge Freiherr Clemens August Joseph von Galen (Münster 30.12.1748 – 13.5.1820 Dinklage) unter einem grünblauen, gold bordierten Baldachin. Das vielleicht ein Jahr alte Kind ist nur mit einem dünnen Tuch bekleidet, hebt aber schon gebieterisch seine rechte Hand und schaut mit blauen Augen selbstbewusst auf den Betrachter. Ihm zu Füßen hockt ein schwarz-weißer langhaariger Schoßhund, den das Kind an einem breiten blauen Band hält und der auf sein Herrchen schaut: Zeichen dafür, dass das Kind zum Herrschen und Befehlen geboren ist; ein Pendantbildnis zeigt seinen jüngeren Bruder Ferdinand Carl (1750–1803). Das Bild macht anschaulich, wie die vormoderne ständische Gesellschaft funktionierte: die Geburt bestimmt den sozialen Status und den Lebensweg. So war es auch bei diesem Kind, dem ältesten Sohn aus der zweiten Ehe seines Vaters Wilhelm Ferdinand Freiherrn von Galen (1690–1769), münsterischem Geheimen Rat und Drosten zu Vechta, mit der Gräfin Sophie von Merveldt zu Lembeck (1730–1810). 1752 nominierte ihn sein Vater für die Galenschen Familienpräbenden bei den Domkapiteln zu Münster und Osnabrück, doch erhielt er erst im achten Lebensjahr die Präbenden, faktisch ein Ausbildungsstipendium. 1769 zur Ritterschaft aufgeschworen, wurde er als Nachfolger seines Vaters 1769 Amtsdroste zu Vechta und Geheimer Rat und gehörte damit zum engen Führungszirkel des Fürstbistums Münster; der Minister Franz von Fürstenberg war sein Vetter. Als Preußenfreund – hatte er doch dem preußischen General Blücher in seinem Stadthof am Neuplatz in Münster Quartier geboten – wurde er am 10. Juli 1803 in den preußischen Grafenstand erhoben. Warum der Maler ihn hier mit sechs Fingern darstellt, ist unklar: ein Bildnisgemälde Galens von Johann Christoph Rincklake um 1791 (Inv.Nr. 2114 LM) zeigt Galen mit fünf Fingern.
Gerd Dethlefs
Dethlefs, Gerd: Johann Anton Kappers (1707–1762) und Jodokus Matthias Kappers (1717–1781): Stilleben mit zwei spielenden Schoßhunden, um 1745/52 (Westfälisches Landsmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster, Das Kunstwerk des Monats, Juli 2001). Lorenz, Angelika: Konturen eines neuen Menschenbildes. Zum Wandel des Porträts. In: Weiß, Gisela / Dethlefs, Gerd (Hg.): "Zerbrochen sind die Fesseln des Schlendrians". Westfalens Aufbruch in die Moderne, Münster / Bönen 2002. S. 224-239, hier S. 232-234.