Hildesheim Drachenleuchter, 1. Hälfte 13. Jh.
Im 11. Jh. hatte sich die Praxis durchgesetzt, bei der Heiligen Messe nicht nur die notwendigen sakralen Gefäße, sondern auch Leuchter auf den Altar zu stellen. Ob der Drachenleuchter allerdings für liturgische Zwecke hergestellt wurde, ist nicht klar. Der Drache besitzt zwei Flügel, die mit federartigen Gravuren bedeckt sind, während die restliche Oberfläche des Körpers schuppenartig gestaltet ist. Über ihm windet sich eine Ranke, welche in der blütenartigen Tropfschale mündet. Vom Stängel zweigt eine weitere Ranke ab, die in das Maul des Drachen reicht. Auf dem Rücken des Drachen sitz ein Mann mit nacktem Oberköfper und nackten Füßen, der an Hüften und Beinen offensichtlich mit einem Fell bekleidet ist. Der Mann hat einen Stab in der rechten Hand und umfasst mit seiner Linken den Stängel. Vielleicht handelt es sich bei der Figur um die Darstellung eines Wilden Mannes. Das Motiv der Wildleute war vor allem in der spätmittelalterlichen Kunst beliebt. In der religiös geprägten Kunst stehen sie als Sinnbild der Tugend, die das Laster besiegt. Auffällig ist allerdings, dass offenbar keine Kampfszene dargestellt ist. Der Drache ist schon besiegt und zeigt sich als friedliche Bestie im spielerischen Umgang mit dem Menschen.
Brunhild Leenen
Imagination des Unsichtbaren. 1200 Jahre Bildende Kunst im Bistum Münster [Ausst. Kat.], 2 Bde., Münster 1993, Bd. 2, Kat. Nr. A 6.9 (Géza Jászai). Aufruhr 1225! Ritter, Burgen und Intrigen. Das Mittelalter an Rhein und Ruhr, LWL-Landesmuseum für Archäologie, Kurzführer, Mainz 2010, Kat. Nr. 22 (Brunhild Leenen). Heinrich der Löwe und seine Zeit. Herrschaft und Repräsentation der Welfen 1125 - 1235 [Ausst. Kat.], Herzog Anton Ulrich-Museum Braunschweig, 3 Bde., München 1995, Bd. 1, Kat. Nr. G 111 (Ursula Mende). Ursula Mende: Zum Drachen in der christlichen Bildwelt. Beispiele romanischer Kleinbronzen, in: Monster. Fantastische Bilderwelten zwischen Grauen und Komik [Ausst. Kat], Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, Nürnberg 2015, S. 169-177.
Leihgabe des Bistums Münster
Maße
Höhe 22.2 cm
Material
Bronze Inventarnummer
BM 292 Standort
Raum 1.03 Kunstwerk des Monats
KdM_03_2021.pdf