Gerard ter Borch, der Jüngere Kartenspielende Soldaten vor einer Ruine, um 1640/1645
Die Holländer führten über einen langen Zeitraum im 17. Jahrhundert hinweg Krieg. Der zentrale Konflikt war der mit den katholischen, spanisch besetzten südlichen Niederlanden und deren Okkupationsbestrebungen, gegen die sich die in einem Bündnis zusammengeschlossenen protestantisch geprägten Provinzen der nördlichen Niederlande zur Wehr setzten. Ihr Streben nach Unabhängigkeit mündete schließlich in der Anerkennung als souveräner Staat. Hierdurch bedingt waren sie auch in die zermürbenden Auseinandersetzungen des Dreißigjährigen Krieges miteinbezogen. Die Genremalerei, eine beliebte Bildgattung auf dem damaligen Kunstmarkt, nahm auch das Thema Krieg und Soldatenleben auf. Anstelle von Darstellungen dramatischer Reitergefechte und Schlachtenszenen wurden jedoch friedliche Wachstubenbilder gemalt und das Thema eingebunden in das tägliche Leben der Bevölkerung. Die Bilder zeigen den Alltag der Miliz, den Umgang der Offiziere mit ihren Soldaten, Wachwechsel, Kartenspiel oder die Inspektion von Kriegsbeute in fast kontemplativer Weise. Zu den begabtesten Malern der Wachstubenbilder gehörte der junge Gerard ter Borch, der in seinen Bildern ansonsten das Leben der oberen Gesellschaftsschicht in von delikatem Farbklang getragenen Szenen aufleben ließ. Eine farblich subtil umspielte Ruhe und Zurückhaltung bestimmt auch die Szenerie mit den kartenspielenden Soldaten vor einer Ruine. Sie steht im Widerspruch zur häufig bedrohlichen Lebensrealität in Kriegszeiten. Im Motiv des Kartenspiels wird auf das Glück verwiesen, das im Soldatenleben eine wichtige Rolle einnimmt – im Spiel wie im Kampf. Nicht das Thema, sondern die Umsetzung der Szene in eine vom Licht modellierte und von feinen Schattenstrukturen durchzogene Komposition macht das Bild zu einem Meisterwerk des Malers. Die Realität des Krieges wird Gerard ter Borch nicht verborgen geblieben sein; wie viele Künstler seiner Zeit musste er sich Aufträge an unterschiedlichen Orten suchen. So hielt er sich ab 1646 als malender Kongressreporter im Gefolge des holländischen Gesandten Adrian Pauw in Münster auf, um die Gesandten der an den Verhandlungen zum Westfälischen Frieden teilnehmenden Parteien zu porträtieren und die Unterzeichnung des Friedens zwischen den Niederlanden und Spanien in einem Gemälde festzuhalten.
Angelika Lorenz
Bußmann, Klaus (Hg.): 1648 – Krieg und Frieden in Europa (2 Bde.). Europaratsausstellung 26 [Ausst. Kat.]. Münster 1998. S. 28, 130/131. Kat. Nr. 385. Teske, Gunnar: Bürger, Bauern, Söldner und Gesandte. Der Dreißigjährige Krieg und der Westfälische Frieden in Westfalen. Münster 1997. Gudlaugsson, Sturla-Jonasson: Gerard Ter Borch. Katalog der Gemälde Gerard ter Borchs sowie biographisches Material (2 Bde.) [Werkverzeichnis]. Den Haag 1959.
Leihgabe der Bundesrepublik Deutschland
- seit 1968 Dauerleihgabe der Bundesrepublik Deutschland
Maße
Höhe 66.7 cm Breite 87 cm
Material
Öl, Eichenholz Inventarnummer
1240 BRD Standort
Raum 1.21 Kunstwerk des Monats
KdM_05_1996.pdf