Hans Arp Horloge (Turmuhr), 1924
Ausgehend von dadaistischen Intentionen – der Ablehnung des traditionellen, die Natur nachahmenden Kunstverständnisses –, entwickelte Hans Arp seine eigene, individuelle Formensprache. Diese brachte er in seinen Reliefs, Konstruktionen und Konstellationen zum Ausdruck. Durch das Nachempfinden von Wachstumsprozessen in der Natur fand er seine vereinfachten, abgerundeten und biomorphen Formen, seine »Sinnbilder der ewigen Verwandlung «. (Zit. nach: Linke (Hg.), 1985, S. 15). Material, Zufall und die Mehrdeutigkeit der Form sind wesentliche Aspekte seines Schaffens. Ein Bruchstück, eine Rundung, an der ihn der Gegensatz zur scharfen Bruchkante reizte, konnte zum Beispiel der Ausgangspunkt einer neuen Plastik sein. Alles scheint sich in einer dauernden Metamorphose zu befinden. Arp selbst sprach 1915 von einem Baukastensystem: »Mir scheint, dass ich damals mit den Steinen eines Kinderbausteinkastens spielte. Aus diesem Spiel und Bauen mit elementaren Formkörpern wuchs mein erstes geglücktes Bild.« (Zit. nach: Scheidegger (Hg.), 1955, S.97). Wie Teile eines Riesenpuzzles entwickeln sich die Holzelemente zueinander und zur Grundfläche. Auch die Lücken sind als dazugehörige Bausteine zu betrachten. Ein Repertoire bestimmter Formen bildet den Grundstock seiner vielfältigen Kompositionen. Sein aus Holzteilen zusammengesetztes Relief Horloge oder Turmuhr folgt diesem Prinzip: Das Ziffernblatt der Uhr und der Schnurrbart, der hier einem Vogel ähnelt, sind solche Elemente oder Grundformen. Der Reliefgrund und die aufgesetzten plastischen Teile verbinden sich, unterstützt durch die farbige Bemalung, zu einer einheitlichen Form. Die Anordnung und Verteilung der Formen, Flächen und Farben folgen dem Zufallsprinzip. Die eindrucksvolle Gruppe von Arbeiten Hans Arps verdankt das Museum größtenteils einer Stiftung der Witwe des Künstlers. Neben dem Holzrelief besitzt das Museum sechs plastische Gipsarbeiten und weitere Reliefs.
Tanja Pirsig-Marshall
Kornhof, Oliver (Hg.): Arp is Arp. Zeichnungen, Collagen, Reliefs, Skulpturen, Poesie [Ausst. Kat.]. (Remagen) 2009. Gohr, Siegfried (Hg.): Hans Arp. Die Metamorphose der Figur [Ausst. Kat.]. Köln 1991. Linke, Wolfgang (Hg.): Relief im 20. Jahrhundert. Ausdruck eines sich wandelnden Kunstbegriffs. Münster 1985. Rau, Bernd (Hg.): Jean Arp. OEuvre-Katalog. Stuttgart 1981. Westfälisches Landesmuseum (Hg.): Hans Arp, Plastiken, Reliefs, Zeichnungen, Collagen [Ausst. Kat.]. Münster 1976. Scheidegger, Ernst (Hg.): Zweiklang. Sophie Taeuber-Arp, Hans Arp. Zürich 1955.
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Erworben mit Unterstützung des Landes Nordrhein-Westfalen
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