Hessen Zunfthumpen einer Schlachterinnung, 1659
Der Humpen trägt auf der Wandung ein ovales Zunftwappen (gekreuzte Schlachterbeile über Messer, oben eine Ledermaske für ein zu tötendes Tier) auf einer Beschlagwerkkartusche, darüber leicht gebogene Schrift „M. B. / E. D. – C. D.“ - wohl die Namen der stiftenden Zunftmitglieder -, unten „H. – P. / 1659.“ Die Rückseite zeigt auf grünem Boden einen stehenden Schlachter mit geschultertem Beil und Stulpenstiefeln, dessen grauer Hund einem schwarzen Rind in das Ohr beißt, darüber Schrift in drei Zeilen „Wer Dieses glasz wirdt zu Brechen man wird eß Jhm / vor ein Grobeß Stück Rechen: Er Sey aber vor pflicht / Das er mit einen andern schlichtt.“ (wer dieses Glas wird zerbrechen, dem wird man es für groben Unfug anrechnen, er ist aber verpflichtet, seine Schuld mit einem neuen Glas zu schlichten – es zu ersetzen). Die Lokalisierung des Humpens ist strittig; die obere Randborte und das lichte, gelblich-grüne Glas weisen laut Schmidt 1912 nach Hessen, doch kommt diese Form der Randborte auch in Sachsen vor. Erstaunlich ist, dass Dekorelemente des frühen 17. Jahrhunderts mit denen der Jahre 1640–1690 kombiniert sind und dass der Schriftduktus auf keinem anderen Glas nachweisbar ist. Bevor ein mit Sicherheit authentisches Vergleichsstück gefunden ist, lässt sich der Verdacht, es könnte sich um eine historistische Nachschöpfung handeln, nicht ausschließen. Bei der hohen Verlustrate an solchen Gläsern, während historistische Nachschöpfungen sofort in Sammlungen eingingen und sich besser erhalten haben, ist es aber gut möglich, dass es sich um ein altes Original handelt. Es ist dann Zeugnis der gemeinschaftsstiftenden Trinkkultur einer Fleischerzunft.
Gerd Dethlefs
Dethlefs, Gerd: Die Hohlgläser mit Emailmalerei im Landesmuseum Münster, in: Dethlefs, Gerd / Kramer, Wieland / Leiber, Christian / Wessling, Hermann (Hg.): Grabung, Forschung, Vermittlung. Gedenkschrift für Peter Steppuhn, Wuppertal 2019, S. 196-229, hier S. 204-207.
Schmidt, Robert: Das Glas (Handbücher der Königlichen Museen zu Berlin, Kunstgewerbe-Museum), Berlin 1912, S. 191.
Schenkung Joseph Hötte, Münster
Maße
Höhe 28.5 cm Durchmesser 14.7 cm
Material
Glas, Email Inventarnummer
R-75 LM Standort
Raum 1.18