Johannes Schouw Deckelpokal, der sogenannte "Martinipokal", 1597
Der für das stadtmünsterische Kollegiatstift St. Martini aus einem älteren Gefäß gearbeitete Pokal zeigt auf den drei Schauseiten die Reliefbildnisse des Stiftspatrons Martinus, des Bistumspatrons Paulus und des heiligen Papstes und Kirchenlehrers Gregors des Großen als Patron des Schulwesens. Auf der Lippe sind die Wappen der zwölf Stiftsherren eingraviert, die münsterischen Honoratioren- und Erbmännergeschlechtern angehörten. Viele waren in den kirchlichen Zentralbehörden des Bistums tätig. Das Gefäß diente dazu, zu Ehren des Stiftspatrons an dessen Festtag nach dem gemeinsamen Essen einen Ehrentrunk zu tun; es wurde zum 1200. Todestag des Heiligen gestiftet. Zugleich ist es Zeugnis der damals in Münster betriebenen Gegenreformation, war doch noch ein Drittel der Ratsherren protestantisch gesinnt. Eine Generation später war – nicht zuletzt aufgrund des wieder streng katholischen Schulwesens und des Wirkens der Jesuiten an der Domschule, dem Gymnasium Paulinum, Münster wieder eine rein katholische Stadt. Der Ankauf des Pokals gab 1975 den Anlass für die Gründung des „Freundeskreises“ als Förderverein des Museums 1976. Lange Zeit galt der „Martinus-Napf“ als verschollen, Max Geisberg nahm sogar im Jahre 1941 noch an, dass er „im 19. Jahrhundert zu einem anderen Kirchengerät umgearbeitet“ wurde. Umso größer waren Erstaunen und Freude, als der verschollene Pokal im Frühjahr 1975 im Katalog von Christie, Manson & Woods, Genf, zur Versteigerung angeboten wurde. Groß war aber auch die Enttäuschung von Professor Dr. Paul Pieper, damals Direktor des Westfälischen Landesmuseums für Kunst- und Kulturgeschichte, als während der Auktion der Preis des Pokals sein Budget überstieg. Doch ein alter Freund des Landesmuseums, ein Kunsthändler aus Köln, sprang als Mittelsmann in die Bresche, ersteigerte das begehrte Stück und erklärte sich bereit, den Napf dem Landesmuseum zu erhalten, bis der verauslagte Betrag zur Verfügung stände. Der Martinus-Pokal war für Münster und für Westfalen gerettet: ein Spendenaufruf ergab einen Betrag, der mehr als 40 % des Ankaufspreises ausmachte! Damit war auch die Idee geboren, dass das Museum einen Freundeskreis bräuchte, der sich speziell der Unterstützung von Ankäufen widmen solle. Im Februar 1976 fand die erste Zusammenkunft der Freunde des Museums statt, denen heute rund 1.500 Mitglieder angehören.
Gerd Dethlefs/Sabine Mensing
Kusch-Arnhold, Britta (Red.), Geschenkt! Erwerbungen des Freundeskreises des Westfälischen Landesmuseums für Kunst und Kulturgeschichte Münster, Ausst.Kat. LWL-Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte / Westfälisches Landesmuseum, Münster, 16.9.-23.11.2007, Münster 2007, S. 42-43 Nr. 3 (Angelika Lorenz). Jászai, Géza: Der Martinus-Pokal. Gestalt und Bildprogramm (Bildhefte des Westfälischen Landesmuseums für Kunst und Kulturgeschichte 13), Münster 1980 (grundlegend).
Erworben mit Unterstützung des Landes Nordrhein-Westfalen und der Freunde des Museums für Kunst und Kultur Münster e. V., 1975
- 1975 erworben auf einer Auktion bei Christie's, Genf