Erhard Schmidt Brustbildnis Johann Bockelson von Leiden (Jan van Leiden, + 1536), datiert 1536; Faksimile-Nachdruck 1982
Der Porträtkupfer des Täuferkönigs ist eines der Hauptwerke des Soester Kupferstechers Heinrich Aldegrever. Die Überschrift besagt, es sei wirklichkeitsgetreues Bildnis – eines der frühesten in Westfalen. Das Brustbild hinter einer Brüstung wirkt wie ein Denkmal. Der Text unten lautet: „Dies war mein Antlitz, dies mein Aufzug, während ich das Szepter als König der Wiedertäufer führte, aber nur kurze Zeit“. Als das Blatt entstand, war der König schon tot – hingerichtet am 22. Januar 1536 auf dem Prinzipalmarkt zu Münster. Im Januar 1534 war er gekommen, um dem Täuferpropheten Jan Matthys den Weg zu bereiten: Die Krise jener Zeit deutete er als Vorzeichen des Gottesgerichts, das man nur durch Empfang der Glaubenstaufe überleben könne. In Münster, wo die Reformation im Streit zwischen Rat und Predigern gescheitert war, schien das die Lösung aller Probleme, und die Täufer, die für Ostern 1534 das Weltende erwarteten, siegten am 23. Februar 1534 als schärfste Gegner des Bischofs bei der Ratswahl. Tags darauf proklamierte Jan Matthys Münster zum „Neuen Jerusalem“ und richtete das Leben am Vorbild der urchristlichen Gemeinde aus; Gegner wurden vertrieben oder terrorisiert. Als er am Ostertag bei einem Ausfall fiel, folgte ihm Jan van Leiden als Prophet. Geschickt festigte er seine Herrschaft, indem er das Gottesvolk Israel des Alten Testaments zum Vorbild nahm, z.B. bei Einführung der Mehrehe. Als erfolgreicher militärischer Führer ließ er sich im Herbst zum König ausrufen. Sein Symbol, der vom „Schwert der Rache“ und vom „Schwert des Geistes“ durchstoßene Reichsapfel, verweist auf seine umfassende weltliche wie geistliche Macht: „Gottes Macht ist meine Kraft“ war die stolze Devise – eine Konkurrenz zum fürstlichen Gottesgnadentum. Sein Scheitern – am 25. Juni 1535 ging das Täuferreich in einem Blutbad unter – ist im Text angesprochen; der Blick des Täuferkönigs geht sinnend ins Leere. Sein Schicksal und sein Bild werden damit zu einem Symbol irdischer Vergänglichkeit.
Gerd Dethlefs
Luckhardt, Jochen: Verewigung und Vergänglichkeit. Überlegungen zu den Wiedertäuferbildnissen Heinrich Aldegrevers, in: Ausst.Kat. Landesmuseum Münster 1985: Heinrich Aldegrever und die Bildnisse der Wiedertäufer, S. 19-25. Galen, Hans: Jan van Leiden, in: Ausst.Kat. Stadtmuseum Münster 1982: Die Wiedertäufer in Münster, Nr. 118-121.
Maße
Höhe 70 cm Breite 50 cm Höhe 31 cm Breite 23.3 cm
Material
Papier Inventarnummer
C-9245 LM