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Joachim von Sandrart, der Jüngere Allegorie auf den Westfälischen Frieden: Muttergottes mit dem Christuskind und Johannesknaben, 1648
Im Jahr 1648 beendeten die Unterzeichner des Westfälischen Friedens in Münster und Osnabrück den Dreißigjährigen Krieg, der weite Teile Europas verwüstet hatte. Im selben Jahr entstand Sandrarts in satten, goldtonigen Farben strahlendes Madonnenbild, das deutlich auf dieses Ereignis Bezug nimmt. Die Muttergottes, blau und weiß gekleidet, sitzt auf einem mit Baldachin, Teppich und Rundbogennische prachtvoll ausgestatteten Thron und blickt auf ihren Sohn, der den kindlichen Johannes den Täufer stürmisch umarmt. Johannes seinerseits, zu erkennen an seinem mit ECCE AG(NUS) DEI bezeichneten Stab, erwidert die Begrüßung und den Blick des Heilands. Die apokryphe Begegnung der beiden Knaben, oft durch Engel begleitet, wurde in der italienischen Kunst der Früh- und Hochrenaissance häufig dargestellt und war dem Künstler aufgrund seines langen Italienaufenthalts bestens vertraut. Sandrart war nach seiner Ausbildung in Frankfurt, Nürnberg, Prag und Utrecht seit 1629 in Italien gewesen. 1635 kehrte er nach Frankfurt am Main zurück und lebte seit 1645 in Stockau. 1649, ein Jahr nach der Entstehung dieses Bildes, war er in Nürnberg, um im Auftrag des Pfalzgrafen Karl Gustav den Friedensexekutionskongress im sogenannten »Nürnberger Friedensmahl« zu dokumentieren (Nürnberg, Museen der Stadt, Gemälde- und Skulpturensammlung, Inv. Nr. Gm 0009). Ob auch die Madonna, die seit 1927 im Besitz des Museums ist, ein Auftragswerk für einen am Münsterschen Friedenskongress Beteiligten war, lässt sich indes nicht mehr ermitteln. Die Beziehung zum Westfälischen Frieden ist jedoch schon durch die Datierung im Sockelgeschoss des Rundtempels rechts (»Joachimo Sandrat/1648«) naheliegend. Außerdem wird das klassische Madonnenbild durch Motive erweitert, die es zu einer Allegorie auf den Frieden generell werden lassen: Links im Bild präsentiert ein Putto ein von Früchten überquellendes Füllhorn und verweist damit auf die Tochter der Pax Abbundantia (Reichtum), rechts legt Maria ihren Arm auf das Gesims eines mit TEMP(LUM) PACIS betitelten Rundtempelchens. Verklammert werden diese aus der säkularen Ikonografie der Friedensallegorien stammenden Attribute mit der Madonna durch den biblischen Titulus auf dem Rundbogen ihres Thrones: BEATI PACIFICI QUONIAM FILY DEY VOCABUNTUR (Selig sind die Friedfertigen, denn sie werden Gottes Kinder heißen. Matt. 5,9), des Weiteren durch den Ölzweig, den Maria locker in der linken Hand hält – ein erneuter Hinweis auf die Versöhnung der Menschen mit Gott (der Ölzweig, den die Taube nach der Sintflut bringt) – und schließlich auch durch den Friedenskuss, den sich Johannes und Christus schenken.
Hermann Arnhold
Arnhold, Hermann (Hg.) im Auftrag des LWL: Sehnsucht nach Frieden. Joachim Sandrart und der Westfälische Friede. Studioausstellung der Forschungsstelle Westfälischer Friede, LWL-Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte. [Ausst. Kat.]. Münster 2008. Kaulbach, Hans-Martin: Friede als Thema der bildenden Künste. Ein Überblick. In: Augustyn, Wolfgang (Hg.): Pax. Beiträge zu Idee und Darstellung des Friedens. München 2003. S. 161–242. Bußmann, Klaus u. Heinz Schilling (Hg.): 1648. Krieg und Frieden in Europa. [Ausst. Kat.] Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster. München 1998. S. 265/266, Kat. Nr. 762.
Erworben mit Unterstützung der Stadt Münster
Maße
Höhe 112.5 cm Breite 90 cm
Material
Öl, Leinwand Inventarnummer
591 LM Standort
Raum 1.21 Kunstwerk des Monats
KdM_11_1996.pdf