Ludger tom Ring, der Jüngere Tierbild mit Ginsterkatze, um 1560
Wie auf einer zoologischen Bestimmungstafel hat der in Münster geborene Maler hier 16 Tiere dargestellt. Fledermaus, Hauskaninchen, Maus, Igel, Frosch, Schnecke, diverse Insekten und Falter sind hier in enger Bildumfassung nah beieinander versammelt. Hinzu kommen ein weißer Spitz und zwei exotisch wirkende Tiere: eine markant gefleckte Ginsterkatze, deren Halsband verrät, dass man sie als Haustier hielt, und ein »Mischwesen« aus Fischotter und Pharaoratte oben links. Aus verschiedenen Blickwinkeln gesehen, ohne einheitlichen Maßstab und mit fehlendem Bezug zueinander, wirkt die Wiedergabe der Tiere wie zufällig. Es sind Studien nach der Natur, nach Vorlagen und Tierpräparaten, die der Maler mit genauem Blick und feinstem Pinsel angefertigt hat – ein zoologisches Kompendium zum Einsatz in seinen Kompositionen. Für die Künstler der Renaissance war die Aneignung der Welt in all ihren Erscheinungsformen eine der zentralen Herausforderungen. Der Studie, der Zeichnung nach der Natur, kam dabei eine herausgehobene Bedeutung zu. Neben der Idee, der inventio, galt die Zeichnung, das disegno, als die Seele eines Kunstwerkes. Drei der Tiere – der Spitz, ein Kaninchen und die Heuschrecke – bevölkern auch Ludger tom Ring d. J. berühmtes, 1562 entstandenes Küchenstück mit der Hochzeit von Kana, das – als Teil der Berliner Sammlungen – seit 1945 als zerstört beziehungsweise verschollen gilt. Zu diesem Werk hat sich ein Konvolut mit aquarellierten Studienblättern in der Österreichischen Nationalbibliothek Wien erhalten. Diese zeigen Körbe mit Fleisch und Blumen, Früchte und weitere Tiere – Materialsammlungen für die üppige Ausstattung des großen Kücheninterieurs nach flämischem Vorbild. Mit der Überführung seiner Tierstudien in ein Ölgemälde vollzieht Ludger tom Ring einen Schritt in Richtung der Etablierung eines neuen, selbständigen Bildthemas im münsterschen Bild. So wie seine Blumenbilder zu den frühesten datierten Stillleben gehören, ist die Tierversammlung mit Ginsterkatze eine Vorstufe zu seinen »Tierlebenbildern«, deren signiertes Meisterwerk Drei Pfauen (1566) sich ebenfalls in diesem Museum befindet.
Angelika Lorenz
Lorenz, Angelika (Hg.): Die Maler tom Ring [Ausst.-Kat. Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, Münster 1996], Münster 1996.
Bergström, Ingvar: Ludger tom Ring the Younger as a painter of birds and beasts, in: Tableau 9, 1986/87, S. 58, 60–63, 70–73.
Erworben mit Unterstützung des Landes Nordrhein-Westfalen
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- mind. 1961 Galerie Georges Giroux, Brüssel
- (1961–o. J. Privatsammlung, Brüssel)
- 1984 Harari & Johns Ltd., London
- 1984–1988 Privatsammlung, Westdeutschland
- 1987/88 Harari & Johns Ltd., London
- 1988 erworben
Maße
Höhe 37.5 cm Breite 58 cm
Material
Öltempera, Eichenholz Inventarnummer
1761 LM Standort
Raum 1.15 Kunstwerk des Monats
KdM_11_1988.pdf