Ludger tom Ring, der Jüngere Drei Pfauen, 1566
Dieses Gemälde ist ein Unikum in der Geschichte des gemalten Tierstücks. Es ist das erste Werk mit Tieren als Hauptmotiv und zeigt die Pfauen, zwei Männchen und ein Weibchen, in ihrer natürlichen Haltung und Umgebung. Sie sind von erhöhtem Betrachterstandpunkt in verschiedenen Ansichten dargestellt, das vorderste Männchen ist in vollem Schmuck von der Seite zu sehen. Der Pfau war u.a. das Attribut von Göttinnen aus dem indischen, griechischen und römischen Altertum, aber am bekanntesten als Begleiter der mächtigen Hera. Als ein Paradiesvogel ist er häufig in illustrierten Manuskripten, vor allem Stundenbüchern, dargestellt. Er diente u.a. als Symbol der Auferstehung und des Frühlings, der Prunksucht und des Hochmuts. Als Hauptattribut der Superbia oder des Hochmuts finden wir einen großen Pfau direkt neben der der allegorischen Hauptfigur in einem von Pieter Brueghels Stichen der Sieben Todsünden von 1558. In der Folge der Sieben Tugenden begegnen wir Pfauen auf dem Blatt der Fortitudo (Tapferkeit), dort wird ihm von einer Frau der Hals abgeschnitten. 1567, also kurz nach Ludger tom Rings Pfauen, sind Pfauen auf einem Stich von Marcus Geeraerts d. Ä. in einem in Brügge erschienenen Fabelbuch von Edewaerd de Dene, „De Varachtige Fabvlen der Dieren" (Die Wahrhafte Fabeln der Tiere) ebenfalls in natürlicher Umgebung abgebildet. Die Darstellung nimmt eine Mitte zwischen der Superbia von Brueghel und dem Gemälde tom Rings ein. Die Pfauen sind in naturgemäßer Umgebung und in einer naturgetreuen Haltung wiedergegeben, im Hintergrund erhebt sich ein Schloß oder eine Stadtmauer. Eine Pfauenfeder liegt wie bei tom Ring auf dem Boden. De Pfauen dienen hier als Symbol der Prunksucht. Die Ausführung des Stiches von Geeraerts ist ohne den Einfluß des Werkes von tom Ring beinahe undenkbar, es sei denn, daß beide auf ein noch nicht ermitteltes oder ein nicht mehr zu ermittelndes Vorbild zurückgegriffen haben.
Angelika Lorenz
- […]
- (o. J.–1961 Unbekannte Privatsammlung, Frankreich)
- 1961 erworben über Walter-Louis Uhl, Paris
Maße
Höhe 58 cm Breite 90 cm
Material
Öl, Eichenholz Inventarnummer
1050 LM Standort
Raum 1.15