Ludger tom Ring, der Ältere Selbstbildnis, 16. Jh.
Der Maler schuf sein Selbstbildnis im Alter von 44 Jahren, als er nach dem Bildersturm der Täufer in Münster wieder mit zahlreichen Aufträgen – darunter die Malereien der Domuhr – betraut worden war. Zusammen mit dem Porträt seiner Ehefrau Anna wählt er die für Ehepaardarstellungen typische Komposition. Sie zeigt die Dargestellten einander zugewandt auf zwei Tafeln im Dreiviertelprofil hinter einer Brüstung, die man gern nutzte, um Inschriften anzubringen oder Attribute zu präsentieren und die für die Gesamtwirkung eines Porträts so wichtigen Hände zu betonen. In der Mitte des Lebens zeigt sich der Maler mit seiner Frau als patrizischer Bürger, in Anlehnung an einen Porträttypus, den Barthel Bruyn d. Ä. in zahlreichen Bildnissen Kölner Bürger überliefert hat. In ihm dokumentiert sich das Standesbewusstsein wesentlich über die ausgesuchte Kleidung. Auch der münstersche Maler zeigt sich hier in einem roten Seidenwams, feinstem Batisthemd und einer voluminösen Schaube mit geschlitzten Ärmeln – die seinen Körper bedeutungssteigernd umhüllt – nicht als Handwerker, sondern als standesbewusster Künstler. Der Zirkel in seiner Hand wurde als Indiz für eine Tätigkeit als Architekt gesehen, für die es jedoch keine Belege gibt. Er kann aber auch als Symbol der Geometrie für das Erkennen und Vermessen der Welt im humanistischen Sinne gesehen werden. In seiner Tätigkeit für den münsterschen Verleger Twyvel könnte Ludger tom Ring mit solchem Gedankengut in Berührung gekommen sein. Ähnlich aufwendig wie ihr Ehemann ist auch Anna tom Ring gekleidet. Die Prunkstücke ihrer Ausstattung bestehen aus einem Überkleid mit einem pelzgefütterten großen Kragen und Belag aus Seidenstoff mit Granatapfelmuster und einem Gürtel aus gewebten Metallfäden, der auf seiner vergoldeten Schließe zwei Greife zeigt. Dieses Schmuckmotiv findet sich auch in der Stickerei des Hemdkragens, wo es ihr Wappen flankiert. Anna tom Ring (1495–1547) entstammte dem adeligen Haus von Rorup und führte das Rautenwappen auf goldenem Grund, wie es auf dem Porträt zu sehen ist. Das Wappen im Bildnis ihres Mannes ist eine selbstverliehene Hausmarke mit dem gekreuzigten Christus. Er zeigt auch hiermit seinen gesellschaftlichen Ehrgeiz und ein Selbstbewusstsein, das auch auf seine beiden Söhne übergehen sollte. Von allen drei Malern tom Ring sind Selbstbildnisse erhalten (Herzog-Anton-Ulrich-Museum, Braunschweig, und in diesem Haus). Es sind frühe Belege für das Künstlerbildnis in der deutschen Kunst, in dem sich eine nach Autonomie strebende Künstlergeneration den Zeitgenossen und der Nachwelt vorstellt.
Angelika Lorenz
Lorenz, Angelika (Hg.): Die Maler tom Ring [Ausst.-Kat. Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, Münster 1996], Münster 1996.
Nissen, Rudolf: Über einige Selbst- und Familienbildnisse der tom Ring, in: Westfalen 40, 1962, S. 308–314.
Pieper, Paul: Hermann tom Ring als Bildnismaler, in: Westfalen 34, 1956, S. 90f.
Riewerts, Theodor / Pieper, Paul: Die Maler tom Ring, München/Berlin 1955.
Leihgabe aus Privatbesitz
Maße
Höhe 38 cm Breite 31 cm
Material
Öl, Eichenholz Inventarnummer
1539 LG Standort
Raum 1.15