Bernt Christian Poppe Zwei Deckelbecher mit eingelassenen Silbermünzen und Medaillen, um 1720
Das Becherpaar zeigt jeweils auf den Wandungen die gebogen aufgeschmolzenen Münzen und Medaillen, u.a. Sedisvakanzmedaillen 1719 des Domkapitels zu Münster und Sedisvakanztaler, u.a. aus Münster und Paderborn 1683, Osnabrück 1698 und 1715. Ein etwas kleineres, ähnliches Deckelbecherpaar desselben Goldschmieds hat je zwölf münsterische Sedisvakanz-Speziestaler von 1706 bzw. Doppelte Sedisvakanzreichstaler von 1719. Das dort eingravierte Wappen der Adelsfamilie von Velen und das Monogramm „BAHV“ verweist auf Hermann Anton Bernhard von Velen (1697–1767), der 1717–1726 Domherr zu Münster gewesen war, bevor er heiratete und die Familie fortsetzte. Auch dieses Becherpaar entstand wohl im Auftrag eines münsterischen Domherrn. Die sechs Medaillen in der oberen Reihe, deren Prägestempel der Medailleur Peter Paul Werner in Nürnberg schnitt, erinnerten an die „Sedisvakanz“, als nach dem Tode eines Fürstbischofs das Domkapitel die Regierung ausübte, auch das Münzrecht. Aus der dann fälligen Sondersteuer der Juden des Fürstbistums – 1719 waren es 2.000 Gulden zu je 2/3 Reichstaler – wurden bis 1706 Taler, 1719 doppelte Reichstaler und zudem Medaillen geprägt und an die Domherren verteilt. 1719 erhielt jeder Domherr 24 Medaillen, Dompropst und Domdechant die doppelte Anzahl, außerdem die Mitglieder des Landtages, Adelige und die Bürgermeister der Städte jeweils ein Stück. Seit 1719 zeigten die Prägungen die Wappen der Domherren und dokumentierten so die führende Stellung ihrer Familien. Die untere Reihe zeigt weitere solche "Geschenkmünzen" an die Domherren: Osnabrücker Sedisvakanztaler von 1698 und 1715, münsterische und Paderborner von 1683, Coesfelder Kreuztaler von 1659 und münsterische Siegestaler 1661, Sterbetaler der Bischöfe von Osnabrück 1698 und von Münster 1706 und weitere. Nicht nur der Domherr von Velen wie bei dem anderen genannten Becherpaar, auch der Auftraggeber dieser Becher ließ seinen Anteil und hier sogar eine kleine Münzsammlung so verarbeiten.
Gerd Dethlefs
Dethlefs, Gerd: Die Sedisvakanzmünzen des Domkapitels zu Münster 1719, in: Numismatisches Nachrichtenblatt 68. Jg. Heft 6,2019, S. 220-226.
Galen, Hans (Hg.): Gold und Silber aus Münster. Meisterwerke münsterischer Goldschmiedekunst vom 14. bis zum 20. Jahrhundert [Ausst.-Kat. Stadtmuseum Münster 1993], Greven 1993, S. 148-149, Nr. 68, S. 186, Nr. 94.
Kohl, Wilhelm: Das Domstift St. Paulus zu Münster (Germania Sacra, NF 17,2, Bd. 2), Berlin/New York 1982, S. 713-714, 726-727.
Erworben mit Unterstützung des Landes Nordrhein-Westfalen
Maße
Höhe 23 cm Durchmesser 12.8 cm
Material
Silber Inventarnummer
V-37 LM Standort
Raum 1.23