Ohne Titel (Stoffbild rot-blau), 1968
1966 begann Blinky Palermo, der mit bürgerlichem Namen Peter Heisterkamp hieß, die ersten Stoffbilder herzustellen. Von Weitem wirken diese Bilder wie Arbeiten der amerikanischen Farbfeldmalerei, aber statt des Versuchs, die Farbe möglichst gleichmäßig und glatt auf die Leinwand zu bringen und dadurch die Spuren seiner individuellen künstlerischen Handschrift zu tilgen, kaufte Palermo große Stoffbahnen in einem Düsseldorfer Kaufhaus, ließ diese zusammennähen und spannte sie statt der Leinwand über den Keilrahmen. Auf diese Weise entstanden großformatige Bilder, in denen starke Farbkontraste im Mittelpunkt stehen. Meist kontrastiert Palermo in diesen Stoffbilder genannten Werken zwei, höchstens drei intensive Farbtöne, die er mittels Stoffbahnen horizontal aneinandersetzte. Die ungerahmten Bilder zeigen kein Motiv, sie erzeugen nicht die Illusion eines Raums, in den man hineinschaut. Allein die Farben und ihre Kontraste sind Thema dieser Arbeiten. Fast scheint es, als könnten sie für sich allein im Raum existieren, unabhängig von einem rechteckigen Bild als Untergrund, so als sei die Farbe selbst zu einem Gegenstand im Raum geworden. Die Stoffbilder zeigen keinerlei Anzeichen einer subjektiven, handwerklichen Äußerung des Künstlers. Man kann an ihnen keinen Pinselduktus, keine Handschrift des Künstlers ablesen. Palermo, der sich selbst stets als Maler verstand, hatte sich schon früh mit der Geringschätzung des Mediums in der Klasse von Joseph Beuys auseinanderzusetzen. Mit den Stoffbildern gelang es ihm nicht nur, die Ziele der Maler der Vorkriegsavantgarde zu verwirklichen, die danach strebten, die Farbe als eigenständiges Element für sich selbst stehen zu lassen. Er ging sogar darüber hinaus, indem er der Farbe das Wesen eines autonomen Objektes verlieh. Er aktualisierte diese Ideen für seine Zeit, indem er mit der Verwendung des unpersönlichen Stoffes die reine künstlerische Idee in den Rang des eigentlichen »Kunst-Machens« hob und sein Werk in der gedanklichen Nähe der sich gerade entwickelnden Konzeptkunst positionierte.
Melanie Bono
Franz, Erich: Blinky Palermo, Ohne Titel (Stoffbild rot-blau), 1968. In: Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster (Hg.): Das Kunstwerk des Monats. August 1992. Münster 1992. Cooke, Lynne; Kelly, Karen; Schroder, Barbara: Blinky Palermo: Retrospective 1964-1977. Dia Foundation (Hg.). Yale 2010. Küper, Susanne; Groos, Ulrike; Müller, Vanessa Joan: palermo. Kunsthalle Düsseldorf, Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen. Köln 2008. Mehring, Christine: Blinky Palermo. Abstraction of an Era. New Haven/London 2008.