August Macke Tunesisches Hafenbild (Hafen in Tunis), 1914
Im Jahr 1914 reisten die Künstlerfreunde Paul Klee, Louis Moilliet und August Macke gemeinsam nach Tunesien und ließen sich von der fremden Kultur und Landschaft inspirieren. Ihre dort entstandenen Arbeiten werden seitdem unter dem Begriff der »Tunisreise« zusammengefasst. Das waren hauptsächlich Zeichnungen und Aquarelle, die häufig als Grundlage für später entstandene Arbeiten dienten. Die Eindrücke der Tunisreise hatten großen Einfluss auf die Malerei der drei Künstler. So fertigte August Macke das Tunesische Hafenbild erst nach seiner Rückkehr in Bonn an. Es ist ein Beispiel für August Mackes von Tunesien beeinflussten neuen Ideen, deren Umsetzung durch seinen frühen Tod im Herbst 1914 während des Ersten Weltkriegs jäh zum Ende kam. In einem Brief an seine Frau Elisabeth schrieb er von Tunis aus, dass er »kolossal viel Material« mitbrächte, das er dann verarbeiten würde. Insgesamt neun Gemälde entstanden auf Grundlage der Tunisreise. Dabei gibt es nicht für jedes eine identifizierbare Vorlage in Form eines Fotos, einer Skizze oder eines Aquarells. So scheint auch diese Komposition eine Art Konglomerat aus verschiedenen Vorstudien zu sein. In diesen hatte er verschiedene Ansichten des Hafens in Tunis festgehalten. Es handelt sich hier um eine Situation am Kai: Zu sehen sind mit Gütern gefüllte Leinensäcke in der linken und der zu beladende Lastkahn in der rechten Bildhälfte. Die dargestellten Personen sind durch die traditionell tunesische Kopfbedeckung, den Fez, charakterisiert. Sie sind dabei, den Kahn zu bestücken. Im Hintergrund erscheinen das Meer und der Himmel in verschiedenen Blautönen. Die Palette von Farben beschränkt sich im Übrigen eher auf gedeckte, erdige Farben, wobei die Gelbtöne im Vordergrund eine warme und angenehme Atmosphäre erzeugen. Macke hat versucht, die Stimmung des fremden Ortes auf die Leinwand zu transportieren. Welcher Teil des Hafens dargestellt ist, lässt sich nicht bestimmen, und auch der Titel gibt keinen Hinweis darauf. Dabei ist anzumerken, dass August Macke seinen Arbeiten nur selten Titel gab; sie wurden meist erst im Nachhinein benannt. Das macht in diesem Fall einmal mehr deutlich, dass es sich hier nicht um ein konkretes Abbild, sondern um den Ausdruck einer spezifischen Stimmung handelt, charakteristisch für den Expressionismus.
Marijke Lukowicz
Arnhold, Hermann (Hg.): Orte der Sehnsucht. Mit Künstlern auf Reisen. Regensburg 2008. Heiderich, Ursula: August Macke. Gemälde. Werkverzeichnis. Ostfildern 2008. Möller, Magdalena M.: August Macke. Die Tunisreise. München 1989.
- - bis 1934 Nachlass des Künstlers - 1934–o. J. Friedrich Hildebrand, München, erworben aus dem Nachlass - o. J.–1958 Senta Hildebrand, München, erworben im Erbgang von ihrem Ehemann Friedrich Hildebrand - 1958 Willy Hahn, Stuttgart-Sonnenberg, in Kommission von Senta Hildebrand, München - seit 1958 LWL-Museum für Kunst und Kultur, Münster, erworben von Senta Hildebrand, München