August Macke Sonniger Weg, 1913
Die Herbstsonne strahlt heiter durch Blätter und Zweige. Das Gewand der Menschen und Bäume hebt sich in warmen Braun-Orange-Gelb-Grün-Tönen von dem tiefen Blau des Wassers ab, an dessen Ufer sich die Szene abspielt: der Thunersee am nördlichen Alpenrand. August Mackes Ehefrau Elisabeth erinnerte sich an die erste Zeit in der Schweiz: »[…] er […] brachte mittags die Bilder in den Garten, der in leuchtenden Herbstfarben von der Sonne durchflutet war und stellte sie mitten hinein in dieses Glühen: Sie verblaßten keineswegs, sie hatten ihr eigenes Leuchten. Dann frug er mich: ›Was meinst Du, ist das nun was, oder ist das Kitsch? Ich kann es wirklich nicht sagen.‹« Das Gemälde, dessen Qualität heute niemand mehr anzweifelt, gehörte zu den ersten Bildern, die August Macke bei seinem Aufenthalt in Hinterfingen ab Oktober 1913 gemalt hat. Gut 100 Jahre später zählt das atmosphärisch aufgeladene Bild des Sonnigen Wegs zu den Hauptwerken Mackes. Denn beispielhaft für sein OEuvre beschäftigte er sich hier intensiv damit, wie Licht wirkt und Farben miteinander harmonieren. Schon die Komposition spricht für das Können Mackes. Ein Paar genießt – leger aufgestützt auf ein Geländer – den Blick auf das idyllische Gewässer. Auf dem Weg nähert sich eine Frau mit einem kleinen Jungen an der Hand. Der Künstler erfasst die Figuren schematisch, verrät gerade genug, um den eleganten Spaziergängern ein Mindestmaß an Individualität zuteilwerden zu lassen. Zugleich gewinnt das Bild durch diese Reduktion an klarer Struktur, die durch die nicht betonte Mitte unaufdringlich belebt wird. Auch das schmale Hochformat unterstützt diese Geradlinigkeit. Im sauerländischen Meschede 1887 geboren, wuchs August Macke in Köln und Bonn auf. Im Jahr 1903 lernte er Elisabeth Gerhardt, eine Fabrikantentochter, kennen. Ihr Geld sowie das ihres Onkels, eines Kunstsammlers, sicherten ab 1909 der jungen Familie den Lebensunterhalt, zuerst in Tegernsee, dann in Bonn. In der ruhigen Umgebung von Hinterfingen entstanden dann mehrere wichtige Bilder des Malers, der zeitweilig Schüler von Lovis Corinth gewesen war. August Macke fiel wenig später im Ersten Weltkrieg im Alter von nur 27 Jahren.
Inge Fisch
Reinhardt, Hildegard: August und Elisabeth Macke. Spuren ihrer Beziehung (1903–1914). In: Mein zweites Ich. August und Elisabeth Macke, Nr. 56 Schriftenreihe Verein August Macke Haus. Bonn 2009. Ronte, Dieter und Erich Franz: August Macke und die frühe Moderne in Europa [Ausst. Kat.]. Ostfildern 2001. Erdmann-Macke, Elisabeth: Erinnerungen an August Macke. Stuttgart 1962.
Erworben mit Unterstützung des Landes Nordrhein-Westfalen
- 1914–1975 Nachlass des Künstlers
- 1975–1986 Privatbesitz
- 1976–1986 als Dauerleihgabe im Westfälischen Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, Münster
- 1986 erworben mit Unterstützung des Landes Nordrhein-Westfalen
Maße
Höhe 50 cm Breite 30 cm
Material
Öl, Pappe Inventarnummer
1580 LM Standort
Raum 1.31 Kunstwerk des Monats
KdM_09_2011.pdf