Adriaen Thomasz. Key Bildnis einer siebenundzwanzigjährigen Dame, 1574
Adriaen Thomasz. Key gehörte in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zu den bedeutendsten und gefragtesten Künstlern der florierenden Handelsstadt Antwerpen. Hier führte er eine angesehene Werkstatt und verstand es, mit seinen Porträt-, Altar- und Andachtsbildern in den politisch turbulenten Zeiten des Bildersturms sowohl für die wechselnd calvinistische als auch katholische Elite der Stadt ein Angebot zu schaffen. Adriaen Thomasz. war selbst bekennender Calvinist und folgte damit der Lehre des französischen Reformators Calvin, welcher eine Rückkehr zur Essenz des Glaubens, der Heiligen Schrift, propagierte und die Verehrung der Heiligen in Form von Altar- und Andachtsbildern wie sie von der katholischen Kirche praktiziert wurde, vehement ablehnte. Er gehörte folglich einer Konfession an, die seine Profession in Teilen in Frage stellte, zumindest was seine religiösen Werke betraf. Der Maler reagierte auf diesen vermeintlichen Konflikt, indem er für seine Altarbilder, von denen sich nur ein Bruchteil erhalten hat, eine ganz eigene Bildsprache entwickelte. Die Porträtmalerei, die ein wichtiges Standbein im Schaffen des Künstlers darstellte, war von dieser Problematik nicht betroffen. Nach 1575 etablierte sich Adriaen Thomasz. in Antwerpen aufgrund seiner überragenden Beobachtungsgabe, Detailverliebtheit und technischen Gewandtheit mit dem Pinsel als einer der gefragtesten Porträtmaler seiner Zeit. Das Münsterische Bilderpaar zeigt den Künstler auf dem Höhepunkt seiner künstlerischen Schaffenskraft. Im Aufbau entspricht es zunächst der üblichen Form von Ehepaar-Bildnissen: Sie sind als Kniestück vor dunklem Grund angelegt und zeigen die Dargestellten in einer Art Großaufnahme aus nächster Nähe zum Betrachter. Die Inschriften jeweils links oben nennen das Jahr der Entstehung der Gemälde (1574), das Alter der Dargestellten (der Herr ist demnach 30, die Dame 27 Jahre alt), nicht aber ihre Namen, so dass deren Identität unbekannt ist. Der Mann lehnt mit seinem rechten Arm auf einem aufrecht stehenden Buch, während auf dem Tisch daneben Münzen und ein Tintenfass mit Feder arrangiert sind. In seiner linken Hand hält er einen zusammengefalteten Brief. Diese Gegenstände dienen dazu, den Beruf des Mannes als Kaufmann oder Notar bildlich darzustellen. Seine Gemahlin stützt ihren rechten Arm auf ein vergleichbares Tischchen und hält in ihrer linken Hand eine goldene Gliederkette, die um ihre Taille geschlungen ist und wie die drei prächtigen, edelsteinbesetzen Ringe an ihren Fingern für den Wohlstand des Paares steht. Auffällig ist die sitzende Pose des Mannes, die von der Stuhllehne links im Bild und weniger von seiner Haltung abzuleiten ist, und demgegenüber das Stehen der Dame. Dies ist bei entsprechenden Bildnispendants durchaus ungewöhnlich, da diese in der Regel spiegelbildlich angelegt wurden. Eine nachträgliche Änderung gegenüber der ursprünglichen Konzeption ist hier durchaus denkbar, ohne dass konkret angegeben werden kann, worin diese bestanden hat.
Judith Claus
Erworben mit Unterstützung des Landes Nordrhein-Westfalen
- o. J.–1859 Moritz von Brabeck, Schloss Söder/Nachlass
- 31.10.1859 Auktion Museum Hannover
- […]
- o. J.–1965 Botho zu Stollberg-Wernigerode, Forsthaus Luisenlust, Hirzenhain/Oberhessen
- 1965 erworben mit Unterstützung des Landes NRW
Maße
Höhe 103 cm Breite 75.2 cm
Material
Öl, Eichenholz Inventarnummer
1125 LM Standort
Raum 1.15 Kunstwerk des Monats
KdM_09_2019.pdf