Robert Filliou Un oeil qui dit merde à l'autre, 1964
Mitte der 1960er Jahre entwickelte Daniel Spoerri zusammen mit seinem Künstlerfreund Robert Filliou eine Serie von Bildern, die sich mit Redensarten und Wortbildern auseinandersetzten. Anknüpfend an die „Tableaux pièges“, die Fallenbilder, die Spoerri seit 1960 als momenthafte Stillleben eines Mahls mit Freunden und Familie anlegte, versuchten Spoerri und Filliou alltäglich Gesprochenes in tatsächliche Wort-Bilder zu übertragen. Die „Piéges á mots“, also Wortfallen, verbildlichten Redewendungen, denen Spoerri und Filliou tagtäglich auf den Straßen von Paris begegneten. Dem programmatischen Anspruch der Pariser Nouveaux Réalistes, zu denen beide Künstler gehörten, entsprechend, versuchten sie so die Grenzen zwischen Kunst und Leben zu verwischen. In „Un oeil qui dit merde à l'autre“ [Ein Auge, das Scheiße zum anderen sagt] übertrugen Spoerri und Filliou ein eher vulgäres französisches Wort-Bild für schielende Augen auf den Bildträger. Das zunächst irritierend anmutende Tableau aus zwei Glasaugen und einem mittigen Kothaufen lösen die Künstler durch die darunter angebrachte Plakette mit dem eingravierten Bildtitel auf. Analog zu den Fallenbildern lenken Spoerri und Filliou die Aufmerksamkeit der Betrachter:innen aktiv auf die Wahrnehmung von Sprachbildern und Redewendungen, deren Bildhaftigkeit im täglichen Gebrauch zunehmend verschwindet und den Betrachter:innen hier in aller Direktheit wieder vor Augen geführt wird.
Stiftung Sammlung Cremer