Tatjana Doll TRUCK_Whatkanido, 2017 –
Tatjana Dolls Werke fallen auf. Ihre Größe und nicht zuletzt auch die Motive lassen die Betrachtenden aufmerken und zunächst einen Schritt zurücktreten. Die Motivwelt ist unserem Alltag entnommen. Sie reicht von Straßen-, Verbots- und Hinweisschildern über Darstellungen von Autos und Lastkraftwagen jeder Art bis hin zu Flugzeugen und Schnellzügen. Dabei schreckt die Künstlerin weder vor außergewöhnlich großen Formaten noch vor ungewöhnlichen Ansichten zurück. Mit den imposanten Maßen von 3,26 auf 6,71 Metern entwarf die Künstlerin das Bild eines Trucks mit zwei Anhängern. Allerdings steht „TRUCK_Whatkanido“ nicht eindrucksvoll auf seinen kräftigen Reifen, sondern befindet sich auf der Seite liegend mitten auf einer Straße. Durch das strenge Querformat der Leinwand und die bald passgenaue Einfügung des Motivs unterstreicht Tatjana Doll diesen zwiespältigen Eindruck zwischen dem mächtigen Fahrzeug und seiner hilflosen Lage. Die Bilddimensionen tragen außerdem dazu bei, dass sich das Motiv aus der unmittelbaren Nähe betrachtet nur schwer einordnen lässt. Die Künstlerin zwingt die Betrachtenden, sich nicht nur geistig, sondern auch körperlich zu dem Werk zu positionieren, zurückzutreten, um das Bild als Ganzes wahrnehmen zu können. Tatjana Doll schafft es, mit ihrer künstlerischen Strategie, Aspekte wie Übermaß auf der einen und Einfachheit auf der anderen Seite gegeneinander auszuspielen: Die vielleicht als plakativ zu bezeichnende Umsetzung einer reduzierten Motivik erlaubt es ihr aber, subtil Kritik an unserer Gesellschaft zu üben, die sich durch immer weiter zunehmenden Überfluss auszeichnet, sich aber gleichzeitig nach Entschlackung sehnt. Der Titel der Arbeit „TRUCK_Whatkanido“ bezeichnet in diesem Zusammenhang nicht, wie vielleicht anzunehmen wäre, ein bestimmtes Lastkraftwagenmodell. Das Kunstwort „Whatkanido“ selbst ist der Slangsprache entnommen und bezieht sich auf die englische Frage „What can I do“, also „Was kann ich tun“. Hilflosigkeit und Resignation schwingen mit angesichts einer schier ausweglosen Lage. Tatjana Doll wurde im Februar 2019 mit dem Konrad-von-Soest-Preis des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) ausgezeichnet. Zu diesem Anlass wurden ihre Werke nicht nur in einer Einzelausstellung im LWL-Museum für Kunst und Kultur, Münster präsentiert; auch kaufte die Westfälische Provinzial Versicherung AG zwei Werke der Preisträgerin als Dauerleihgabe für das Museum an.
Franziska Kunze
Doll, Tatjana: Siehe F, Free Speech Zones. Un*geordnete
Notizen. Anlässlich des Konrad-von-Soest-Preises 2018 [Ausst.-Kat. LWL-Museum für Kunst und Kultur, Münster 2019], Berlin 2019.
Doll, Tatjana / Kunde, Harald / Loock, Ulrich: Tatjana Doll. Drive in, Köln 2008.
Doll, Tatjana: Doll. Anlässlich der Ausstellung „Bier Für Öl + Ein Blinder Passagier“ [Ausst.-Kat. Kunstverein Bremerhaven, Bremerhaven 2005], Berlin 2005.
© VG Bild-Kunst, Bonn 2024
Leihgabe aus der Kunstsammlung der Provinzial Versicherung AG, Direktion Münster
Leihgabe aus der Kunstsammlung der Provinzial Versicherung AG, Direktion Münster
Maße
Höhe 326 cm Breite 671 cm
Material
Lack, Öl, Leinwand Inventarnummer
2499 WPF Standort
Raum 2.14 Kunstwerk des Monats
KdM_04_2022.pdf