
Siegfried Cremer Ohne Titel, 1958
Innerhalb des umfangreichen und vielgestaltigen Gesamtwerks Siegfried Cremers markieren die „Weißen Bilder“, zu denen „Ohne Titel“ von 1958 zählt, eine wichtige Übergangsphase. Seit 1957 hatte Cremer seine Farbpalette bereits hauptsächlich auf Weiß, Schwarz und Graustufen beschränkt, ab 1958 folgte eine weitere Reduzierung auf weiße, lediglich durch zeichnerische Bearbeitungen strukturierte Bildflächen. In dieser Reduktion scheinen Cremers Wurzeln in der informellen Malerei der Nachkriegszeit auf. Der helle Farbauftrag, gespachtelt und ohne explizite künstlerische Handschrift, changiert über der schemenhaft in Graublau erscheinenden Unterzeichnung Diese erzeugt Bilder von geologischen Reliefs, sodass die unter der weißen Dispersionsfarbe verdeckten Strukturen wie verschüttete informelle Bilder wirken. Für Siegfried Cremer bilden die „Weißen Bilder“ die Vorstufe zum Verlassen der Fläche des Bildes. In den Folgejahren fertigt er dreidimensionale Werke an. Ebenfalls deutet sich in ihnen bereits eine Zurückdrängung der in der informellen Kunst betonten, subjektiven künstlerischen Arbeit an, deren Äußerung Cremer zunehmend skeptisch gegenüberstand. Ihn interessierte zu dieser Zeit viel mehr die räumliche Qualität der Kunst und deren konsequente Erforschung.
Galerie AnBau Bonn (Hg.): Siegfried Cremer. Arbeiten aus fünf Jahrzehnten, Bonn 1999.
Städtische Kunstsammlung Gelsenkirchen (Hg.): Cremer. Arbeiten 1957-1975, Ulm 1976.
© VG Bild-Kunst, Bonn 2023
Stiftung Sammlung Cremer