Pieter Claesz. (1597-1660) Vanitas-Stillleben mit Nautiluspokal und Bisamapfel an goldener Kette, 1636
Die Stilllebenmalerei in den protestantisch geprägten nördlichen Landesteilen der Niederlande ist im 17. Jahrhundert durch die Reduktion von Gegenständen von hohem stofflichen und sinnlichen Reiz und einer häufig sehr zurückgenommenen Farbigkeit geprägt. Pieter Claesz. gilt als Hauptmeister dieser »monochromen« Stillleben. Sein Stillleben mit Nautiluspokal gehört auf den ersten Blick zur Gruppe der gemalten Schätze – sei der Reichtum nun erträumt oder real. Die in kostbarster Goldschmiedearbeit zum Prunkgefäß gefasste Nautilusmuschel im Zentrum des Gemäldes, die üppige Goldkette mit Anhänger, berühren zusammen mit dem gekippt stehenden Römer aus fragilem Glas, dem Totenschädel und der soeben verlöschenden Öllampe auch andere Bedeutungsebenen: So wie das Glas leicht zerspringt, die Kerze still verlöscht, so sind alle irdischen Güter, Reichtum und Glanz im Angesicht des Todes belanglos. Der Vanitas-Gedanke, das heißt die Erinnerung an die Vergänglichkeit des irdischen Lebens, vermittelt sich im Bild besonders schlüssig in der Gegenüberstellung von Reichtum, dem Luxus der Goldschmiedearbeit und einem Totenschädel mit Knochen. Der Nautiluspokal – als Wunderwerk der Natur und Kunst ein sogenanntes Kunstkammerstück, das seinen Platz ursprünglich in einer der frühen Kunstsammlungen gehabt haben könnte – lässt sich identifizieren. Er ist ein Werk des Utrechter Goldschmiedes Jan Jacobsz. van Royesteyn aus dem Jahr 1595 und befindet sich heute im Museum Toledo, Ohio. Die Stillleben in ihrer unterschiedlichen Thematik trafen in Holland auf ein kaufkräftiges und weltstädtisches Bürgertum, das sich durch den florierenden Fernhandel vor allem mit Südostasien manchen Luxus und angenehme Lebensverfeinerung auf dem Esstisch und im Haus leisten konnte. Mit den Vanitas-Stillleben, einer Domäne der Maler in der alten Universitätsstadt Leiden, erwarb man sich neben einem Wandschmuck auch die Mahnung im Hinblick auf die Endlichkeit des irdischen Lebens und die Erinnerung an den calvinistischen Kodex: Reichtum ist nach diesem auch als Verpflichtung zu Mildtätigkeit, Nächstenliebe und Armenfürsorge hier auf Erden zu sehen.
Angelika Lorenz
Brunner-Bulst, Martina: Pieter Claesz. Der Hauptmeister des Haarlemer Stilllebens im 17. Jahrhundert. Kritischer Œuvrekatalog. Lingen 2004. Biesboer, Pieter [u. a.]: Pieter Claesz. Stilleben. Mit Werkverzeichnis [Ausst. Kat.]. Haarlem, Frans Hals-Museum 2004 u. a. Zwolle 2004. Ebert-Schifferer, Sybille: Die Geschichte des Stillebens. München 1998. Gemar-Koeltzsch, Erika: Holländische Stillebenmaler im 17. Jahrhundert. 3 Bde. Lingen 1995. Mette, Hanns-Ulrich: Nautiluspokal. Wie Kunst und Natur miteinander spielen (Diss.). München 1995. S. 49–63.
Erworben mit Unterstützung des Landes Nordrhein-Westfalen
- […]
- o. J.–mind. 1967 Frits Markus, New York City
- 1969 Rosenberg & Stiebel, New York City
- 1969–1973 Thos. Agnew and Sons, London
- 1973–1974 Kunsthandel C.P.A. & G. R. Castendijk, Rotterdam
- 1974 erworben