Deutschland Flugblatt mit Reiterbildnis des Christian von Braunschweig inmitten Ansichten der von ihm gebrandschatzten Städte, 1622
Der Dreißigjährige Krieg hatte 1618 in Böhmen mit dem Prager Fenstersturz begonnen; mit der Niederlage der Böhmen unter dem "Winterkönig" Friedrich V. von der Pfalz in der Schlacht am "Weißen Berg" vor Prag am 8. November 1620 weitete sich der Krieg nach Deutschland aus. Einer der Unterführer der Böhmen war der Welfenprinz Christian von Braunschweig, der nun den Krieg auf eigene Faust fortführte. 1599 geboren und am Hofe seines Onkels und Taufpaten Christian IV. von Dänemark (1577–1648) aufgewachsen, war er 1616 zum Administrator de Hochstifts Halberstadt gewählt worden; eines kleinen Fürstentums, das jedoch seinen Ehrgeiz nicht befriedigte. Vielmehr wollte er sich als Soldat für die evangelische Sache einen Namen machen. Da er über keine Eigenmittel verfügte, fiel er mit seinen wenigen Truppen Ende 1621 in Ostwestfalen ein, eroberte und brandschatzte viele Ortschaften - er drohte, sie abzubrennen, wenn ihm nicht horrende Schutzgelder gezahlt wurden. Die zahlreichen Orte sind hier abgebildet, im Zentrum die größten: Paderborn, Lippstadt und Soest; die Landstände des Fürstbistums Münster zahlten allein 30.000 Taler, damit er das Land verschonte. In Paderborn ließ er den Domschatz einschmelzen, in Soest erbeutete er das Privatvermögen der Familie von Fürstenberg, angeblich 80.000 Taler. Mit den Geldern prägte er die "Pfaffenfeindmünzen" in Gold und Silber mit der Aufschrift "Gottes Freund der Pfaffen Feind" und verstärkte sein Heer auf bis zu 15–20.000 Mann, mit denen er im Frühjahr 1622 nach Süddeutschland zog. Er operierte wenig erfolgreich; am 6. August 1623 wurde sein Heer bei Stadtlohn von den Truppen der katholischen Liga unter Tilly aufgerieben. Er selbst starb an den Folgen einer Verwundung 1626. Das Sammelbild mit den Ansichten eroberter und gebrandschatzter Orte wurde vorbildhaft für weitere Flugblätter des Dreißigjährigen Krieges. Christians Methode, Krieg zu führen, um ihn zu finanzieren ("der Krieg ernährt den Krieg"), wurde von vielen Heerführern übernommen; der Krieg verselbständigte sich.
Gerd Dethlefs
Kat. Münster / Osnabrück 1998: 1648. Krieg und Frieden in Europa. 26. Europaratsausstellung, hg. von Klaus Bußmann und Heinz Schilling, München 1998, S. 183–184 Nr. 521.
- erworben beim Auktionshaus Tenner, Heidelberg 1961
Dimensions
Höhe 29.6 cm Breite 34.2 cm Höhe 26.7 cm Breite 32.6 cm
Material
Papier Inventory No.
K 61-32 LM Location
Raum 1.21