
Judocus Vredis Relief mit Anna Selbdritt, um 1525 (oder später)
Reliefs wie das vorliegende dienten der privaten Frömmigkeit, waren Andachtsbilder, Meditationshilfen. Dargestellt ist die als Anna Selbdritt bezeichnete Dreiergruppe von Maria mit Kind und ihrer Mutter Anna: Die beiden Frauen sitzen auf einer Bank vor einem Wandteppich, beide präsentieren sie das Jesuskind. Die Szene ist links und rechts gerahmt von bergiger Landschaft, oben thront Gottvater in einer Wolke, vor ihm die Taube des Heiligen Geistes. Das Umschriftband in Majuskeln, teils abgekürzt, enthält die Wörter: „QVISQVIS IN ADVERSIS SANCTAM PVLSAVERIS ANNAM DEVOTIS PRECIBVS, IS BENE TVTVS ERIS“ [Wann auch immer Du in Widrigkeiten die heilige Anna mit frommen Gebeten anrufst, so wirst Du wohl behütet sein.]
Unten steht sogar eine Signatur: „IVDOCVS VREDIS“ – bei Kunstwerken dieser Zeit eher eine Seltenheit. Dieser Jost wurde 1473/75 in Vreden geboren und trat 1493 in die Kartause Marienburg in Weddern bei Dülmen ein; dort wirkte er zunächst als Prokurator und Vikar, seit 1531 bis zum seinem Tod 1540 als Vorsteher.
Von den mit Namen Judocus Vredis signierten Reliefs aus Pfeifenton, eckig und rund, größer und kleiner, gibt es zahlreiche Motive, deren Einzelteile zudem verschieden kombiniert werden konnten. Sie wurden mithilfe von vorgefertigten Modeln hergestellt, in die feuchten Rohlinge wurden dann noch Verzierungen frei eingeritzt. Es waren Massenprodukte, die in Weddern nach den Vredis-Modeln noch bis ins 17. Jahrhundert entstanden und vielfach, in Klöstern wie in Privathäusern, gefunden werden.
Tschuschke, Volker: Zur privaten Andacht. Spätgotische religiöse Tonreliefs des Judocus Vredis aus Weddern, in: Dethlefs, Gerd u. a. (Hg.): Seit 200 Jahren – Westfalen entdecken und erforschen. 200 Einblicke in die Sammlungen des Vereins für Geschichte und Altertumskunde Westfalens (Veröffentlichungen des Vereins für Geschichte und Altertumskunde Westfalens, Abteilung Münster, Bd. 12), Münster 2025, S. 116f.
- Angekauft 1864 von Carl Carvacchi, Coesfeld