
unbekannt Messkelch, 14./15. Jh.
Der spätgotische Messkelch unbekannter Herkunft folgt dem seit karolingischer Zeit typischen dreiteiligen Aufbau dieser Behältnisse. In ihnen wandelt sich nach mittelalterlicher bzw. nach katholischer Vorstellung während der Eucharistie der eingefüllte Wein zum erlösenden Blut Christi. Aus dem breit ausladenden Fuß mit seinem Holzkern erwächst in Kupferblech ein schlanker sechsseitiger Schaft, der mehr oder weniger mittig mit einer Verdickung, einem Knauf, lateinisch „Nodus“ = Knoten, versehen ist. Darüber erhebt sich das eigentliche kugel- oder trichterförmige Trink- oder Hohlgefäß, die Kuppa. Schaft, Knauf und Kuppa sind durch doppelte Profile voneinander abgesetzt. Auch der Knauf ist sechsfach gegliedert und mit sechs rautenförmigen Ausbuchtungen, den sogenannten Rotuli, versehen. Die liegenden, aus dem Nodus getriebenen Rauten, die vielleicht mit in Silberblech geprägten und jetzt verschwärzten Blumen besetzt wurden, wechseln mit hochkantigen Rauten, die ein schlichtes Rankenmuster zeigen. Die Kuppa ist, wie in der Regel üblich, unverziert. In manchen Fällen weist sie einen breiten, glatt belassenen Lippenrand auf. Auch bzw. gerade weil der Messkelch aus einem minderen Metall gefertigt ist, kommt seiner Vergoldung eine große Bedeutung zu. Das heilige Blut Christi darf, wie sein imaginierter Körper in der Hostie auf dem Hostienteller, nur mit dem kostbarsten und lichtstärksten Edelmetall aufgefangen oder berührt werden. Entsprechend werden diese liturgischen Gerätschaften auch als „vasa sacra“ bezeichnet, als „heilige Gefäße“, im Unterschied zu den „vasa non sacra“, den „nicht heiligen Gefäßen“, die nicht mit dem Messopfer in Kontakt kommen.
Marx, Petra: Geraubt, versteckt und vergessen? Ein vergoldeter Messkelch aus Porta Westfalica, in: Dethlefs, Gerd u. a. (Hg.): Seit 200 Jahren – Westfalen entdecken und erforschen. 200 Einblicke in die Sammlungen des Vereins für Geschichte und Altertumskunde Westfalens (Veröffentlichungen des Vereins für Geschichte und Altertumskunde Westfalens, Abteilung Münster, Bd. 12), Münster 2025, S. 112f.
- Gefunden 1844 zwischen Porta Westfalica-Hausberge und -Nammen (Kr. Minden-Lübbecke)
- Erworben 1868 aus dem Nachlass der Westphälischen Gesellschaft für vaterländische Cultur, Minden