
unbekannt Etruskische Zierscheibe mit Kopf der Gorgo-Medusa (moderne Fälschung), 7./6. Jh. v. Chr.
Erst Anfang April 2025 stellte sich durch archäometallurgische Untersuchungen bei der LWL-Archäologie für Westfalen heraus: Die sogenannten etruskischen Zierscheiben aus Paderborn sind moderne Fälschungen! Die überlieferten Fundumstände zumindest für das eine, größere Stück – 1933 bei Kanalisierungsarbeiten in der Straße Auf den Dielen in Paderborn – müssen deshalb aber nicht falsch sein. Selbst moderne Fälschungen, wozu auch solche des 19. oder gar 18. Jahrhunderts zählen, können zu archäologischen Fundobjekten werden – oder zu solchen gemacht werden. Die Belegfunktion der Scheiben für früheisenzeitliche Importe aus dem Süden Europas nach Ostwestfalen ist damit allerdings dahin.
Ohnehin würden die zwei kreisrunden, grün patinierten Scheiben aus Buntmetall im Fundhorizont der Region völlig isoliert stehen. Ihre Einordnung war lange unklar: Man sprach sie zunächst als ottonische Schildbuckel an, dann als neuzeitliche antikisierende Zierobjekte. Münsteraner Archäolog:innen deuteten sie schließlich als Stücke aus dem etruskischen Kulturkreis des 7./6. Jahrhunderts v. Chr. Auch dort werden sie als Schildbuckel angesehen, die auf hölzernen oder ledernen Schilden befestigt waren. Sie werden noch häufig in italischen und etruskischen Gräbern gefunden. Wahrscheinlich hatten sie deshalb eher zeremonielle Bedeutung im Bestattungsritus oder als Grabbeigaben.
Beide Scheiben zeigen, von der Rückseite her in das Metall getrieben, das Haupt der Gorgo-Medusa, die der Mythologie gemäß jeden, der sie ansieht – schrecklich, wie sie ist: fratzenhaft, mit starren Augen, breit auseinandergezogenem Mund und gebleckten Zähnen –, sofort zu Stein erstarren lässt. Dadurch erlangte das bis heute beliebte Motiv apotropäische, also Übel abwehrende Kräfte.
Brehm, Oliver: Der Blick der Gorgo-Medusa. Zwei etruskische Zierscheiben aus Paderborn, in: Dethlefs, Gerd u. a. (Hg.): Seit 200 Jahren – Westfalen entdecken und erforschen. 200 Einblicke in die Sammlungen des Vereins für Geschichte und Altertumskunde Westfalens (Veröffentlichungen des Vereins für Geschichte und Altertumskunde Westfalens, Abteilung Münster, Bd. 12), Münster 2025, S. 68f.
- Gefunden 1933 in Paderborn (?)
- Geschenkt 1937 von Küster i. R. Wewer, Neuenbeken