unbekannt Carl Westphalen (1849–1895), „Kolossalmensch“ aus Paderborn, 1890
Er war ein „Kolossalmensch“: 1,84 m groß, gut 140 kg schwer, 132 cm Brust- und 68 cm Kopfumfang, 30 cm Hand-Spannweite und 4 cm Zeigefinger-Breite. Die wohl 1890 zu Werbezwecken angefertigte Fotografie trägt auf der Rückseite einen Ausschnitt aus dem „Westfälischen Volksblatt“ vom 15. Oktober 1890, wo über ihn berichtet wurde.
Anfang 1880 kämpfte er, erst 1879 mit seiner Familie nach Paderborn gezogen, erstmals öffentlich gegen einen prämierten Ringer, seitdem maß er sich regelmäßig mit durchreisenden Schaustellern im Ringen und Gewichtheben. Vom Erfolg beseelt, begab er sich ab 1888 selbst auf Reisen, weilte im Sommer 1890 auf Vermittlung von Eugen Sandow (1867–1925), dem „Pionier des Bodybuildings“, sogar für drei Monate in London. Später ließ er sich auf rheinischen oder westfälischen Jahrmärkten und in Wirtshaussälen als Kraftprotz bestaunen.
Dieser „starke Westphalen“ war Carl Westphalen (1849–1895), geboren als sechstes von acht Kindern eines Landwirts aus Herbram bei Lichtenau. Er besuchte die Volksschule, arbeitete ein paar Jahre auf dem elterlichen Hof, leistete seinen Militärdienst in Köln und war Soldat im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71. Später malochte er in Dortmund auf der „Westfalenhütte“ – als „Eisenkönig von Hoesch“ soll er sogar doppelten Lohn für seine übernormale Arbeitskraft erhalten haben. In Paderborn war er dann als ungelernter Arbeiter im Fuhrgeschäft seines Bruders Hermann tätig. Er starb in der Ernestinischen Krankenanstalt in Meschede an Schwindsucht.
Grabe, Wilhelm: Der Kolossalmensch. Porträt des Carl Westphalen aus Herbram (1849–1895), in: Dethlefs, Gerd u. a. (Hg.): Seit 200 Jahren – Westfalen entdecken und erforschen. 200 Einblicke in die Sammlungen des Vereins für Geschichte und Altertumskunde Westfalens (Veröffentlichungen des Vereins für Geschichte und Altertumskunde Westfalens, Abteilung Münster, Bd. 12), Münster 2025, S. 392f.