

unbekannt Brauttruhe, um 1550 (Füllungen um 1620)
Ob die Truhe, die 1880 vom Kommandeur der 7. Landgendarmerie-Brigade in Münster vor dessen Rückkehr nach Berlin angekauft wurde, tatsächlich aus dem Schloss Werl stammt, ist nicht beweisbar. Die Kombination aus geschnitzten Feldern und intarsierten Flächen ist aber ein Charakteristikum der rheinischen Möbelkunst seit Ende des 16. Jahrhunderts, was in Werl – einer der wichtigsten Städte des kurkölnischen Herzogtums Westfalen – nicht verwundern würde. Eine Verbindung des Schenkers nach Werl ist nicht belegt; der Obrist Alexander von Frankenberg und Proschlitz (1820–1893) war jedoch der Schwiegersohn und Erbe des Kunstsammlers Carl Wilhelm Krüger (1797–1868) und verkaufte 1881 seine geerbte Gemäldesammlung an den Westfälischen Kunstverein.
Die Truhenfront besteht aus vier dunkel gebeizten, oben halbrunden Füllungen, die zwischen intarsierten Pilastern eingepasst sind; auch die Felder der Gebälkzone sind zwischen den Diamantquadern über den Pilastern intarsiert. Die inneren Füllungen zeigen je einen geflügelten nackten Genius mit bedeckter Scham, dazu die Hausmarken-Wappen „AVWWE“ und „4EtB“. Die äußeren Füllungen tragen in Beschlag- und Rollwerk jeweils eine Maske über einem Schriftwulst mit „ANNO“ bzw. „1618“. Hausmarken, die heute kaum mehr bestimmbar sind, gehören in die Sphäre des Bürgertums – es dürfte sich hier um die Truhe für die Aussteuer einer Braut bei der Hochzeit handeln. Der Deckel dagegen trägt in seinen vier Kassetten jeweils einen bekrönten Wappenschild, der rechts leider fehlt. Es sind die Wappen der westfälischen Adelsfamilien von Münster, von Schele und von Droste-Erwitte/-Schweckhausen, das fehlende soll das der Familie von Heiden gewesen sein. Front und Deckel der Truhe gehören somit aller Wahrscheinlichkeit nach gar nicht zusammen.
Dethlefs, Gerd: Kostbarer Schutz für die Aussteuer? Eine prachtvolle Brauttruhe mit Wappen und Intarsien, in: Ders. u. a. (Hg.): Seit 200 Jahren – Westfalen entdecken und erforschen. 200 Einblicke in die Sammlungen des Vereins für Geschichte und Altertumskunde Westfalens (Veröffentlichungen des Vereins für Geschichte und Altertumskunde Westfalens, Abteilung Münster, Bd. 12), Münster 2025, S. 178f.
- Angekauft 1880 von Obrist Alexander von Frankenberg und Proschlitz, Münster
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