








Melchior Steinhoff Jüngstes Gericht. Epitaphbild für Heinrich Nyenhaus (+ 1604) und seine Familie aus der Lambertikirche in Münster, 1604
Melchior Steinhoff, Schüler des Malers Hermann tom Ring (1521–1596), schuf dies Gemälde für die Lambertikirche in Münster zur Erinnerung an den wohlhabenden Wandschneider (Tuchhändler) Wilhelm Nyenhuis (Neuhaus), der 1604 verstarb. Beim Jüngsten Gericht wird Christus über die Menschen richten: auf dem oberen Regenbogen steht „Godt der Vatter hat alles Gericht – dem Son geben Iohannes 5“, auf dem unteren Bogen nur „Heilich – Heilich – Heilich“. Die Trennung von Auserwählten und Verdammten erfolgt im Hintergrund. Dafür stehen auf der Seite der Auserwählten zahlreiche Damen und Herren in zeitüblicher Kleidung, unter ihnen eine kluge Jungfrau mit dem brennenden Licht. Das kniende Ehepaar vorn links zeigt Nyenhuis, der aus Deventer nach Münster zugewandert war, und seine Frau Gertrud geb. Lobach mit ihren Kindern. Sie war schon 1603 verstorben, und an ihrer Seite wollte er in der Kirche begraben werden. Da er aber ohne Empfang der Sterbesakramente verstorben war, verdächtigte ihn der Pfarrer von Lamberti der Ketzerei und verweigerte ein Begräbnis in der Kirche. Seine Söhne setzten das mit Gewalt durch – mit Unterstützung des Stadtrates, der damals zu einem Drittel aus Protestanten bestand. Sie konnten auch die Aufhängung dieses Epitaphbildes erwirken. Auch Melchior Steinhoff verstarb 1606 ohne Empfang der Sterbesakramente und galt daher als „unkatholisch“ – auch seine Beerdigung in der Martinikirche wurde mit Gewalt erzwungen. Das Ehepaar Nyenhuis und seine Familie befinden sich auf der Seite der Auserwählten; rechts aber wird eine Nonne von einem Teufel in die Hölle geschleppt. Auch hier weisen einige der Verdammten porträtähnliche Züge auf: waren es stadtbekannte Skandalfiguren? Aufschlussreich ist auch die Schrift in dem von den Putten gehaltenen Buch des Lebens „Und es wirt nit hineingehen irgent iehtes befleckts oder unreines sondern All die ginnen die geschriben Seint in den Buch des Lambs Apocalyps. 21“ – das kann auch zur biblischen Begründung der calvinistischen Prädestinationslehre dienen (Calvin: Institutio III,21-22), dass jedem Menschen sein Schicksal von Gott vorherbestimmt sei. Johannes Calvin führte übrigens diese Bibelstelle in seiner Polemik gegen die Wiedertäufer an (Inst. IV,16,17). Die Aussage des Bildes hier ist: wer ein ordentliches bürgerliches und moralisch einwandfreies Leben führt, darf auf die Seligkeit hoffen – denn daran sind nach calvinistischer Auffassung die Auserwählten auf Erden zu erkennen. GD Literatur: Grütter, Heinrich Theodor (Hg.): Der geteilte Himmel. Reformation und religiöse Vielfalt an Rhein und Ruhr. Ausst.Kat. RuhrMuseum Essen 3. April – 31. Oktober 2017, Essen 2017, S. 312 (Farbabb.), Kat. Nr. 14.1. Dethlefs, Gerd: Hermann tom Ring, Das Jüngste Gericht, um 1555 (LWL-Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte / Westfälisches Landesmuseum, Münster, Das Kunstwerk des Monats Oktober 2012), S. 3-4. Geisberg, Max: Quellen zur Kunstgeschichte der Lambertikirche in Münster, Münster 1942, S. 51-54. Lahrkamp, Helmut: Über Münsters Protestanten im konfessionellen Zeitalter (1560-1620), in: Westfälische Zeitschrift 142 (1992), S. 119-152, hier S. 131-134 (zu W. Nyenhuis).
Dethlefs, Gerd
Leihgabe der katholischen Kirchengemeinde St. Lamberti, Münster
- 1923 erworben