


Christian Rohlfs Gelbes Haus mit rotem Dach, 1913
Nur selten hat Christian Rohlfs seine Annäherung an den Expressionismus so weit vorangetrieben wie in diesem Gemälde. Großflächig heben sich das rote Dach und die in Gelb gehaltene Häuserwand des Bauernhauses in Soest von den umgebenden dunkleren Zonen des Bildes ab. Umrisse und Architekturdetails treten zurück. Auch die perspektivische Wirkung ist nur rudimentär angedeutet, etwa durch den Weg in der Bildmitte, der auf die Haustür zuführt. Die flächige Wirkung des Farbauftrags dominiert, die Farben leuchten, sie werden fast zum Glühen gebracht. Erst bei genauerer Betrachtung wird man darauf aufmerksam, dass Rohlfs hier mit einer stärker differenzierten Farbpalette arbeitet und zum Beispiel auch Grün- und Blautöne verwendet; ebenso stuft er das Rot und das Gelb in verschiedenen Schattierungen ab. Er legte die Farbe in mehreren Schichten übereinander und kratzte anschließend mit dem Stiel eines Pinsels oder einer Bürste in die obere Schicht, so dass die darunterliegenden Farbtöne wieder zum Vorschein kommen. Rohlfs war von dem bis in seine Zeit erhalten gebliebenen mittelalterlichen Stadtbild von Soest begeistert, seit er den Ort von Hagen aus im Jahr 1904 erstmalig besuchte. Stadtmotive aus Soest finden sich in seinem Werk bis in die 1930er Jahre. Dargestellt ist hier sehr wahrscheinlich das sogenannte „Schumachersche Haus“ in der Pauli-Straße 12, in dem Rohlfs im Sommer der Jahre 1905 und 1906 bei seinen Aufenthalten wohnte. Sein expressionistisches Gemälde wurde 1937, ein Jahr vor dem Tod des Künstlers, von den Nationalsozialisten beschlagnahmt und mit weiteren Werken in der Ausstellung „Entartete Kunst“ in München gezeigt. Der hochbetagte Künstler wurde gleichzeitig aus der „Preußischen Akademie der Künste“ in Berlin ausgeschlossen.
Christiane Kerruth
Reinhold Happel: Christian Rohlfs, in: Der Expressionismus und Westfalen [Ausst.-Kat. Haus Nordrhein-Westfalen, Bonn 1990 / Verbindungsbüro Nordrhein-Westfalen, Brüssel 1990/ Städtische Galerie, Lüdenscheid 1990–1991], Münster 1990, S. 63–79.
- o. J.–1914 Carl Haenert, Halle an der Saale
- 1914–1937 Städtisches Museum für Kunst und Kunstgewerbe, Halle an der Saale
- 1937–1938 Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda, Berlin, Beschlagnahme, EK-Nr. 16101
- 1938–1939 Depot Schloss Schönhausen, Berlin
- 1939–o. J. (mindestens 1940) Bernhard A. Böhmer, Güstrow, in Kommission
- o. J. Privatbesitz
- o. J.–1948 Galerie Dr. Werner Rusche, Köln
- 1948 erworben
Maße
Höhe 73 cm Breite 100 cm
Material
Öl, Tempera, Leinwand Inventarnummer
875 LM Standort
Nicht ausgestellt Kunstwerk des Monats
KdM_01_1995.pdf