Hermann tom Ring Bildnis von Goddert von Raesfeld (1522–1586), 1566
Ein 44-jähriger rotblonder bärtiger Mann mit gelichteter Stirn schaut sinnend und sorgenvoll aus dem Bild. Der fest geschlossene Mund vermittelt den Eindruck von Willensstärke. Der schwarze Rock eines Geistlichen, das Lebensalter und die beiden elterlichen Wappen identifizieren ihn als den Domherrn Goddert (Gottfried) von Raesfeld (1522–1586). In der Hand hält er einen Brief mit dem Siegel seines Bruders Bernhard von Raesfeld (1508–1574), seit 1557 Fürstbischof von Münster, der 1566 sein Amt angesichts unlösbarer politischer Probleme aufgab. In dieses Schicksalsjahr datiert auch das Gemälde. Beziehen sich die resignierenden vier Bibelsprüche des originalen Rahmens darauf? Links unten beginnt es: „Wenn der Mensch stirbt, wird er ein Erbe der Schlangen, Raubtiere und Würmer“. Ein Vetter seiner Mutter, Gotthard von Kettler (um 1517–1587), wurde 1562 als Ordensmeister im Baltikum Protestant und machte seinen Ordensstaat zu einem erblichen Territorium. Goddert aber war ein entschiedener Verfechter der katholischen Sache. Er gab dem Fürstbistum nur eine politische Zukunft, wenn es katholisch und bei der alten Verfassung bliebe. Seit 1569 Domdechant, verhinderte er die Wahl evangelischer Bischöfe. Als der aussichtsreichste Kandidat, der lutherische Bischof von Osnabrück und Bremen 1585 einem Sturz vom Pferd erlag, wurde der katholische Kölner Kurfürst Ernst von Bayern zum münsterischen Oberhirten gewählt – Raesfelds größter politischer Erfolg. Ein zweites Ziel erreichte er erst nach seinem Tode: die Etablierung der Jesuiten in Münster. Ihnen vererbte er 12.000 Taler, um damit ein Kolleg in Münster zu begründen, das dann 1588 entstand. 1624 war das Münsterland wieder katholisch. Über seinen Tod hinaus hinterließ Raesfeld bewusst Spuren – wie um die Aufschriften seines Bildnisses zu widerlegen. Dass seine Büchersammlung zum Grundstock der Dombibliothek wurde, wo sich auch dies Bildnis überlieferte, sicherte wie weitere Stiftungen sein Andenken.
Gerd Dethlefs
Lorenz, Angelika: die Maler tom Ring. Ausst. Kat. Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster 1996. Bd. 2, S. 460-461, 565.
Leihgabe des Westfälischen Kunstvereins
- 1835 erworben vom Westfälischen Kunstverein
Maße
Höhe 60.7 cm Breite 42.3 cm
Material
Öl, Eichenholz Inventarnummer
72 WKV Standort
Raum 1.15 Kunstwerk des Monats
KdM_11_2009.pdf