Karim Noureldin ist hauptsächlich Zeichner. Er zeichnet vorwiegend mit Bleistift und Buntstift, normale und riesengroße Formate, seine Zeichnungen überziehen auch Wände und ganze Räume. Noureldin ist Schweizer, geboren in Zürich. Studiert hat er in Basel und Zürich, von 1994 bis 2000 lebte er in New York, ein Jahr lang auch in Rom. Seit 2002 lebt und arbeitet er in Lausanne, wo er an der Kunsthochschule lehrt. Die Serie „Play“ von 2014–16 umfasst über zwei Meter hohe Großformate und etwas über 40 cm große Kleinformate. Auf den ersten Blick würde man sagen, es handele sich um geometrische Kunst. Noureldin benutzt jedoch die geraden Begrenzungen, parallelen Richtungen, gleichmäßig-ebenen Farbflächen und regelmäßigen Anordnungen allein zu dem Zweck, das Vorhersehbare und Regelmäßige aufzuheben. Die farbigen Flächen sind mit dem Stift in sanften Schraffuren ausgefüllt. Man spürt die Kontrolle der Stiftführung, den in etwa gleichbleibenden Druck beim Auftragen aufs Papier, die variierte Ausrichtung der Schraffurbewegungen. Die Formen bilden einen unendlichen Rapport, der über die Grenzen des Blattes hinausreicht, und dennoch ist ihr Ensemble überzeugend auf das Blattformat bezogen. Die ständigen Ausbrüche aus den Regelmäßigkeiten erfolgen gewissermaßen lautlos, ohne Provokation. Geometrie ist hier nicht eine Regel, die durchgehalten wird, sondern eine Form der Bewegung von einem zum nächsten, die sich unversehens verändert. Ihre Wahrnehmung verlangsamt sich, man spürt der Ausführung nach, den Prozessen des Zeichnens. Jede Zeichnung von Noureldin ist ein Wachsen, ein Entwickeln, das trotz der Bewegungsfreiheit am Ende einen zusammenhängenden Charakter zeigt. Noureldin sagt, die Zeichnung ermögliche es ihm. sofort mit der Arbeit anzufangen. Es ist das Gegenteil von Sol LeWitts Zeichnungen, der über seine Werke sagte, irrationale Gedanken sollten absolut und logisch verfolgt werden – ohne während der Ausführung geändert zu werden. Die Kunst von Noureldin besteht nicht zuletzt darin, dass er die Gedanken während der Ausführung ständig ändert. EF Literatur: Marie Therese Stauffer, Karine Tissot (Hrsg.): Karim Noureldin, Basel 2015. Christina Végh u. Karim Noureldin (Hrsg.): Karim Noureldin, Nürnberg 2013. Stefan Gronert: Karim Noureldin [Ausst. Kat.], Kunstmuseum Bonn, Bonn 2007. Dieter Schwarz, Max Wechsler, Katharina Holderegger (Hrsg.): Karim Noureldin AIRE [Ausst. Kat.], Kunstmuseum Winterthur, Winterthur 2004.

© Karim Noureldin
Stiftung "Sammlung 'Die Linie'"