Die Büste in antikisierender klassizistischer Hermenform zeigt einen Mann mittleren Alters, leicht nach rechts gedreht und versonnen in sich gekehrt; Vollbart und Haarlocken rahmen das Gesicht ornamental. Die kräftige Nase und der geschlossene Mund runden das Bildnis zu einem „gesammelten Ausdruck kraftvoller Männlichkeit, die gleichwohl eine gewisse Zurückhaltung wahrt“ (Siegfried Kessemeier), zugleich realistisch und durch die Hermenform idealisiert. Der Dargestellte Clemens August Graf von Westphalen aus westfälischem Uradel, Gutsherr zu Laer bei Meschede, war eine der markanten Persönlichkeiten der damaligen westfälischen Politik – seit 1831 Mitglied des westfälischen Provinziallandtages und 1858–1865 Landtagsmarschall (Vorsitzender). Als treuer Katholik stand er dem protestantisch geprägten preußischen Staat durchaus kritisch gegenüber, vor allem in den Kirchenkonflikten 1837–1841 und im Kulturkampf ab 1872; 1841 wanderte er vorübergehend aus, als Kritiker der Bismarck’schen Politik mit dessen eklatanten Verfassungsbrüchen kündigte er 1865 sogar dem preußischen König den Lehnseid auf. Andererseits wandte er sich 1870/71 auch gegen das katholische Dogma der Unfehlbarkeit des Papstes. Die seitliche Signatur „Elisabet Ney fec. Laer Jul. 1862“ verweist auf die Bildhauerin Elisabet Ney (1833–1907). Gebürtig aus Münster, setzte sie gegen alle Widerstände durch, dass sie ein Kunststudium in München und Berlin absolvieren durfte. 1862 schuf sie vier Figuren historischer Persönlichkeiten für das Ständehaus an der Stelle des heutigen Landesmuseums in Münster. Damals lernte sie den Grafen kennen und modellierte die Büste. Mit ihren Bildnisbüsten u.a. von Garibaldi (1865), Bismarck (1867) und Ludwig II. von Bayern (1869) errang sie große Erfolge, bis sie 1870 mit ihrem Mann nach Amerika auswanderte und sich in Texas niederließ.