
Wilhelm Morgner Reiter mit zwei Figuren, 1913
Seine Verpflichtung zum Militärdienst im Jahr 1913 und der direkt folgende Einsatz als Soldat im Ersten Weltkrieg verändern die Kunst von Wilhelm Morgner. Nur noch wenige Gemälde entstehen und das Werk „Reiter mit zwei Figuren“ muss bereits zu den letzten Arbeiten in Öl des erst 22-jährigen Soester Künstler gezählt werden. Morgner fügt einen Reiter mit Pferd und zwei weitere, stark abstrahierte menschliche Figuren zu einer großen pyramidalen Komposition zusammen. Schwarzblaue und dunkelgrüne Farbflächen bauschen sich an den Seiten des Dreiecks und rahmen die Motive des Bildzentrums, einem sich öffnenden Vorhang vergleichbar, ein. Die dunkle Tonigkeit der Seitengestaltung intensiviert die Wärme und Strahlkraft der Rot- und Orangetöne, aus denen Morgner die menschlichen Figuren bildet. Er entwirft sie in einer abstrahierenden Formensprache, wobei er die Modulation der Körper allein durch das Zusammenspiel der Farben und einem differenziert gesetzten, deutlich sichtbaren Pinselduktus erreicht. Pferd und Reiter werden ab 1912 nicht nur in Morgners malerischem Werk zu einem neuen, naturalistischen Bildthema, er variiert ebenfalls in seinen zahlreichen Zeichnungen und druckgrafischen Arbeiten dieses neue Motiv. Unbestritten verweist es damit auf die enge Verbindung des Künstlers zum Blauen Reiter, wobei in erster Linie Franz Marc und Wassiliy Kandinsky zu nennen sind. Vergleicht man jedoch das Gemälde „Reiter mit zwei Figuren“ mit den nur wenig früher entstandenen astralen und ornamentalen Kompositionen Morgners, so fällt auf, dass sich der Künstler mit dieser Arbeit von seinen intensiven Bemühungen um eine rein abstrakte Malerei abwendet und sich wieder einer, wenn auch stark abstrahierenden, Gegenständlichkeit zuwendet. Diese Entwicklung setzt sich in den Zeichnungen und wenigen grafischen Arbeiten, die Wilhelm Morgner als Soldat anfertigten konnte, fort. Im August 1917 stirbt Wilhelm Morgner in Langemarck/Belgien.
Dieses Werk ist ausgestellt in der Westfälischen Galerie Kloster Bentlage, Rheine.
Ernst-Gerhard Güse: Wilhelm Morgner (Bildhefte des Westfälischen Landesmuseums für Kunst und Kulturgeschichte, Nr. 20), Münster 1983. Klaus Bußmann (Hg.): Wilhelm Morgner 1891-1917, Gemälde, Zeichungen, Druckgraphik [Ausst.-Kat. Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster 1991 / Wilhelm-Morgner-Haus Soest 1991 / Städtische Galerie im Lenbachhaus München 1991-1992], Münster 1991.
Andrea Witte: "Was gehen mich alle möglichen Maler an ..." Wilhelm Morgner im Kontext der Moderne. In: Hermann Arnhold (Hg.): Wilhelm Morgner und die Moderne [Ausst.-Kat. LWL-Museum für Kunst und Kultur, Münster 2015-2016], Münster 2015, S. 42.
- 1959 erworben aus dem Nachlass des Künstlers/Maria Korff-Morgner, Soest