Der Tod der Kleopatra, um 1875
Noch heute beflügelt die Geschichte Kleopatras, der letzten Monarchin Ägyptens, die Fantasie von Lesern, Cineasten, Musikern und Künstlern und das nicht zuletzt wegen ihres rätselhaften Ablebens: Nachdem die Truppen ihres Geliebten Marcus Antonius (um 86–30 v. Chr.) in der Schlacht gegen den gemeinsamen Widersacher Octavian (63 v. Chr.–14 n. Chr.) unterlagen, geriet Kleopatra VII. (69–30 v. Chr.) in Gefangenschaft und beging durch das Initiieren tödlichen Giftes Selbstmord. Damit fand das Motiv der liegenden Schönen mit tödlicher Schlange an der marmornen Brust Eingang in die bildende Kunst. Zu sehen ist der Moment des letzten Zwiegespräches der Königin mit der totbringenden Schlange. Kleopatra hat den rechten Arm erhoben, an dem sich das schwarze Reptil wie ein Schmuckstück schlängelt. Den linken Arm hat die Liegende angewinkelt und stützt so den nackten Oberkörper mit dem Ellbogen ab. Als Schmuck sind der Königin Blumen beigelegt, deren Blütenblätter in der Form an Klatschmohn und Anemonen erinnern. Eindeutig bestimmbar ist Kleopatra durch ihren Kopfschmuck: Aus Goldblättchen oder Stoffen gefertigt, sitzt die rotbraun-gefiederte Geierhaube auf dem Haupt der Herrscherin. Das Gemälde trägt in der linken unteren Ecke die Signatur des österreichischen Künstlers Hans Makart (1840–1884). Dieser war zu Lebzeiten der unangefochtene Malerfürst in Wien und bekannt für seine sinnlichen, oft geradezu theatralischen Historiengemälde und prunkvollen Porträts, die meist von dekorativ-überladenen Kompositionen, unverwechselbarer Prachtentfaltung und süffiger Dekadenz strotzen. Ausgehend von einer im 19. Jahrhundert aufkommenden Faszination für alles Exotische und der globalen Verbesserung der Infrastruktur, war die Nachfrage nach asiatischen und orientalischen Sujets auch im Bürgertum enorm gestiegen. Makart machte den Tod der Kleopatra zum Gegenstand mehrerer Werke: In ihnen ist die Figur der Kleopatra mit Prunk und Überfluss verbunden: So liegt sie auf kostbaren Stoffen und trägt wertvollen Schmuck. Vor allem aber ist es ihre Nacktheit, die der Maler inszenierte. Im Münsteraner Gemälde weist die Darstellung der Kleopatra einige anatomische Unstimmigkeiten auf und fällt damit qualitativ im Vergleich mit anderen Darstellungen der Monarchin im Werk Makarts ab, so dass ernsthafte Zweifel an der Authentizität der Makart-Signatur sowie an der eigenhändigen Ausführung des Gemäldes bestehen. Marie Meeth Literatur: Clauss, Manfred: Kleopatra, München 2010 Frodl, Gerbert: Hans Makart. Werkverzeichnis der Gemälde, Salzburg 1974 Gleis, Ralph: Hans Makart. Ein Künstler regiert die Stadt, hrsg. im Auftrag des Wien Museums, München 2011 Kassal-Mikula, Renata: Hans Makart. Malerfürst, hrsg. vom Historischen Museum der Stadt Wien, Wien 2000 Marx, Erich; Laub, Peter (Hg.): Hans Makart 1840-1884, Salzburg 2007 Schulze, Sabine (Hg.): Nackt! Frauenansichten. Malerabsichten. Aufbruch zur Moderne, im Auftrag des Städel Museums Frankfurt, Ostfildern-Ruit 2003
Marie Meeth
Leihgabe der Bundesrepublik Deutschland
- seit 1968 Leihgabe der Bundesrepublik Deutschland
Maße
88.6 108.5
Material
, Inventarnummer
1228 BRD Standort
Nicht ausgestellt Kunstwerk des Monats
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