Paul Klee Der Hörende, 1930
Paul Klee nahm als Grundlage für sein Gemälde Der Hörende eine Federzeichnung, die ein Jahr zuvor entstanden war und den Titel Auge und Ohr trägt. Auffallend ist die Ähnlichkeit des ausgeführten Leinwandbildes mit der Zeichnung. Beide Arbeiten unterscheiden sich nur unwesentlich voneinander, hauptsächlich durch die im Leinwandbild fehlenden Schraffuren. Mit wenigen Strichen bildete der Künstler ein menschliches Gesicht. Augen, Mund und Nase, die in ihrem Zusammenspiel an ein Saiteninstrument erinnern, setzen sich von einer Ohrmuschel ab. Um diese ziehen sich wiederum zwei Liniengefüge, und die daraus entstehende Konstruktion bildet vier hart konturierte Flächen. Eine Radierung mit dem gleichen Motiv folgte 1931. Alle drei Arbeiten entstanden zum Ende von Klees Bauhauszeit, einer Periode, über die er selbst schrieb: »Man war fleißig, aber genie ist nicht fleiß [sic!].« (Zit. nach: Klee, 1956, S. 70). Der Zwang, unterrichten zu müssen, wirkte sich auf sein Schaffen aus. Es entstanden zunehmend konstruierte Gebilde, die seiner Kunstauffassung nicht entsprachen: »Wir konstruieren und konstruieren und doch ist Intuition noch immer eine gute Sache.« (Zit. nach: Herzogenrath (Hg.), 2003, S. 20). Klee lehrte ab 1920 am Bauhaus, zuerst in Weimar, nach dessen Umzug ab 1926 in Dessau. Gemeinsam mit Kandinsky bewohnte er dort eines der Meisterhäuser. Ab 1927 leitete er die Freie Werkstatt Malerei (Freie Malklasse) und unterrichtete Gestaltungslehre in der Weberei. Während dieser Zeit beschäftigte sich Klee mit geometrischen Flächenschichtungen, farbigen Grundformen in festen Gefügen sowie mit flächigen und linearen Strukturen. Dabei blieben sowohl das lineare und zeichnerische Element als auch die Polarität verbindlich für alle seine Werke. Ihn reizte die künstlerische Verschmelzung von Gegensätzen wie Ruhe und Unruhe, Schwere und Leichtigkeit, Bewegung und Gegenbewegung. Je nach Ausführung des Motivs wechselte die Betonung zwischen Hören und Sehen, verschob sich die Rezeption von Visuellem, Sprachlichem und Musikalischem und somit der menschlichen Wahrnehmung. Bestimmend für Klees Schaffen war immer seine Verbindung zur Musik. Eine Möglichkeit, Musik in der Malerei auszudrücken und sichtbar zu machen, sah er zum Beispiel in der schrittweisen Abstufung von Farbtönen oder dem Nebeneinandersetzen von Farbflächen, die visuell als »Mehrstimmigkeit« wahrgenommen werden.
Tanja Pirsig-Marshall
Scholz, Dieter (Hg.): Das Universum Klee [Ausst. Kat.]. Ostfildern 2008. Baumgartner, Michael (Hg.): Paul Klee. Melodie und Rhythmus [Ausst. Kat.]. Ostfildern 2006. Herzogenrath, Wulf (Hg.): Paul Klee. Lehrer am Bauhaus [Ausst. Kat.]. Bremen 2003. Klee, Paul: Schriften zur Form- und Gestaltungslehre, 2 Bände. Basel und Stuttgart 1956.
Erworben mit Unterstützung des Landes Nordrhein-Westfalen
- - […] - o. J.–vermutlich um 1937 Leopold Stokowski, New York - vermutlich um 1937–1961 Evangeline und Alexis Zalstem-Zalessky, New Milford, USA - 1961–1965 Galerie Beyeler, Basel, erworben von Alexis Zalstem-Zalessky, New Milford, USA - seit 1965 LWL-Museum für Kunst und Kultur, Münster, erworben von der Galerie Beyeler, Basel
Maße
Höhe 42.5 cm Breite 42.5 cm Tiefe 2.6 cm
Material
Mischtechnik, auf textilem Bildträger, doubliert Inventarnummer
1122 LM Standort
Raum 2.05 Kunstwerk des Monats
KdM_12_1990.pdf