Johannes der Täufer aus der St. Rochus-Kapelle in Oberense, um 1360/70
Leihgabe des Kapellenvereins St. Rochus Oberense e.V. Die beiden Statuetten gelangten 1987 aus der St. Rochus-Kapelle in Oberense, südwestlich von Soest in der Nähe des Möhnesees gelegen, im Tausch gegen zwei Gipsabgüsse als Leihgaben nach Münster. Zwei zugehörige Figuren, Petrus und Paulus, befinden sich im Museum Mayer van den Bergh in Antwerpen, wohin sie bereits schon im 19. Jahrhundert aus dem unweit befindlichen Ort Günne gelangt waren. Die Spur der vier Skulpturen führt in das 1246 am Ufer der Möhne begründete Zisterzienserinnenkloster Himmelpforten. Dort schmückten die Bildwerke vermutlich das Hochaltarretabel, bevor sie nach der Aufhebung des Klosters an benachbarten Gemeinden abgegeben wurden und so dessen komplette Zerstörung bei der Bombardierung des Möhnesee-Staudamms 1943 überdauerten. Während die Darstellung des Johannes mit langem gelocktem Haupt- und Barthaar, den asketisch nackten Füßen und dem Lamm als Christussymbol auf seinem Arm dem gängigen Typus entspricht, ist die Benennung des Abtsheiligen schwieriger. Es handelt sich entweder um Benedikt von Nursia, den Begründer des Benediktinerordens, oder um Bernhard von Clairvaux, der im 12. Jahrhundert in Frankreich den Zisterzienserorden ins Leben lief. Beide Klostervorsteher werden wie unsere Figur mit Tonsur, Kukulle (Kapuzengewand) und – verlorenem – Abtsstab wiedergegeben. Bemerkenswerter Weise dienten die Bohrlöcher in den Köpfen aller vier Figuren zur Aufbewahrung von Reliquien. Unsere Statuetten sind heute holzsichtig, d.h. sie haben ihre ehemalige farbige Bemalung (Fassung) verloren, welche ihre große bildhauerische Qualität sicherlich noch stärker zum Ausdruck brachte. Das Raffinement und die Pracht dieser Farbfassung lassen sich an der noch im originalen Zustand der Oberflächen erhaltenen Petrusfigur in Antwerpen beobachten. Das Figurenensemble entstand um 1360/70 in einer Soester Werkstatt, aus der zum Jahrhunderteende u.a. das Triumphkreuz der Soester Patroklikirche, aber auch die Anröchter Pietà in der Mittelalter-Sammlung (Inv.-Nr. E-176 LM) mit ihrer Schwesterfigur in der Soester Nicolaikapelle hervorgingen. PM Literatur: Ulrich Löer (Hg.), Günne 1190–1990. Beiträge zur Geschichte einer ehemals kurkölnischen Landgemeinde, Werl 1990, S. 160-162. Ulrich Löer, Gotische Holzskulpturen aus Kloster Himmelpforten? Ein Nachtrag zur Diskussion über die Provenienz der Apostel- und Heiligenfiguren aus Günne und Oberense, in: Westfalen 71, 1993, S. 153-162. Jan Gerchow (Hg.), Das Jahrtausend der Mönche. Kloster Welt Werden 799–1803; Ausst. Kat., Ruhrlandmuseum Essen 1999, Köln 1999, S. 316, Kat.-Nr. 2 (Reinhild Stephan-Maaser).
Petra Marx
Leihgabe des Kapellenvereins St. Rochus Oberense e. V.
- seit 1987 Leihgabe Kapellenverein St. Rochus Oberense e.V.
Maße
56.5 17 10
Material
Inventarnummer
E-1034 LG Standort
Nicht ausgestellt Kunstwerk des Monats
KdM_05_2017.pdf