


Hermann Groeber Mein Fenster, 1904
Das Gemälde wurde laut Beschluss der Ankaufskommission vom 20. Mai 1908 gemeinsam mit den Bildern der Berliner Sezessionisten Slevogt und Nolde für den reduzierten Preis von 600 Mark angekauft; nach dem damaligen Ankaufsprofil sollte damit in der Schausammlung ein Beispiel für die moderne Malerei der Münchener Secession gezeigt werden, zum Vergleich mit Werken einheimischer Künstler. Der Oberbayer Hermann Groeber (1865–1935) war mit Ludwig Thoma am Chiemsee aufgewachsen, hatte an der Münchener Kunstakademie studiert und dort nach Studienreisen nach Holland, Oberitalien und Paris 1907 einen Lehrauftrag in der Aktklasse erhalten; 1911 wurde er Professor. Als Antimoderner wird ihm der Ausspruch zugeschrieben, „Kunst kommt von Können; käme es von Wollen, hieße es Wulst.“ Ab 1928 war er einer der Aktivisten des späteren NS-Kampfbundes für deutsche Kultur. Den Originalrahmen (70 x 56 cm) erbat der Maler 1916 zurück und bezahlte dafür einen neuen Goldrahmen, den die Firma Brinckmann im März 1917 lieferte. Die originalen Beschriftungsschilder zeigen, dass es nach 1946 nicht mehr ausgestellt war, erst wieder 2008. Die Rückseite ist ebenfalls signiert „Herm. Groeber pinT / Erinnerung an den Sommer 1904 / in Tittmoning“. Einem koloristischen Realismus verhaftet, zeigt Groeber hier in nachimpressionistischer Malweise ein Interieur; aus einer dunklen, in braun und grün abgetönten Stube schaut eine hell gekleidete Frau aus dem Fenster in eine strahlende Uferlandschaft wohl der Salzach mit lichtblauem Himmel und wenigen ziehenden Wolken. Von den Farbkontrasten lebt das Bild; „eine interessante Beleuchtungsstudie“ kommentierten die Museumsführer 1919–1926. Mit dem Dunkel der Wohnung und der sehnsuchtsvoll bestaunten strahlenden Natur wird eine Dichotomie modernen Lebens anschaulich.
Gerd Dethlefs
Koch, Ferdinand: Verzeichnis der Gemäldesammlung des Westfälischen Kunstvereins im Landesmuseum zu Münster, Münster (1912–)1914. Münster 1914, S. 149, Kat. Nr. 265. Meier, Burkhard: Führer durch das Landesmuseum der Provinz Westfalen, Münster 1913 S. 94-95, ²1919 S. 76, ³1920 S. 59, 4. Aufl. 1926 S. 65.
- 1908 erworben vom Künstler über den Kunstsalon Otto Fischer, Bielefeld
Maße
Höhe 69 cm Breite 51.5 cm
Material
Öl, Pappe Inventarnummer
265 LM Standort
Nicht ausgestellt Kunstwerk des Monats
KdM_01_2022.pdf