
Glashütte Potsdam-Zechlin Deckelpokal mit Porträt König Friedrich Wilhelm I. von Preußen, o.J. (um 1735/1740)
Dieser Deckelpokal vergegenwärtigt eine politische Persönlichkeit, mit der eine wesentliche Phase preußischer und westfälischer Geschichte verknüpft ist. Es entstand in einer brandenburgischen Glashütte: Grundlagen für die Glasbereitung – Sand und Holz – hatte die Mark Brandenburg reichlich; deshalb entstanden hier seit Anfang des 17. Jahrhunderts auf fürstliche Initiative hin Glashütten. Eine der wichtigsten war Potsdam-Zechlin, in der auch dieses Glas hergestellt wurde. Die figürlichen Darstellungen in Schnitt-Technik geben dem Glas Vorder- und Rückseite. Auf der Vorderseite erscheint in einem Medaillon, von einer Krone überhöht, flankiert von Waffen, ein Brustbild des preußischen Königs Friedrich Wilhelm I., des „Soldatenkönigs“. Geboren 1688, kam er 1713 mit 25 Jahren an die Regierung und änderte, mit einem für jene Zeit untypischen Diensteifer, radikal den Kurs seines Staates hin zu einem absolutistischen Einheitsstaat mit militärischer Prägung. Mit einer ganz eigenen figürlichen Lebendigkeit ergänzt die Rückseite der Preußenadler mit den gespreizten Flügeln und dem bekrönten, aufgereckten Kopf, in den Fängen Zepter und Reichsapfel, auf der Brust die Initialen FWR. Den Adler begleitet ein flatterndes Schriftband mit der Devise NON SOLI CEDIT (Er weicht der Sonne nicht). Friedrich Wilhelm war auch Herr westfälischer Gebiete: der Grafschaften Lingen und Tecklenburg, Mark, Ravensberg, sowie des Fürstentums Minden. Der Soldatenkönig schuf mit den „Kriegs und Domänenkammern“ moderne, zentralistische Aufsichtsbehörden auf Kosten der regionalen Selbstverwaltung. Allerdings ist der Absolutismus mehr ein Ziel, als eine zu gänzlicher Vollendung gelangte Wirklichkeit geblieben und je nach Region war er unterschiedlich ausgeprägt. Die preußischen Besitzungen in Westfalen bildeten ein Gegengewicht zu den überwiegend geistlichen Territorien des Raumes. Niels Reidel Literatur: Baumgärtner, Sabine: Porträtgläser. Das gläserne Bildnis aus drei Jahrhunderten, München 1981. Hubatsch, Walther: Grundlinien preußischer Geschichte. Königtum und Staatsgestaltung 1701-1871, Darmstadt 1985. Schmidt, Robert: Brandenburgische Gläser, Berlin 1914.
Niels Reidel
Erworben mit Unterstützung der Freunde des Museums für Kunst und Kultur Münster e. V., 1992
Maße
Höhe 32.5 cm
Material
Glas Inventarnummer
R-1022 LM Standort
Nicht ausgestellt Kunstwerk des Monats
KdM_10_1993.pdf