
Ida Gerhardi Tanzbild V, 1904
Als das „Tanzbild V“ entstand, ließ Ida Gerhardi ihre Pinsel nur so über den Karton fliegen. Die flüchtig aufgetragenen Farben bilden auf dem Bildträger einen bunten Reigen aus Blau-, Türkis-, Orange-, Violett- und Rottönen und eröffnen den Blick in einen hell erleuchteten Tanzsaal. Das Publikum gibt sich allenfalls schemenhaft zu erkennen: als galante Herren in schwarzen Anzügen mit Hut oder Zylinder sowie nach dem neuesten Pariser Chic gekleidete Damen. Führen die einen angeregt Konversation, schwingen die anderen fröhlich das Tanzbein. Das „Tanzbild V“ ist beispielhaft für jene stimmungshaften Momentaufnahmen, die Ida Gerhardi während ihrer zahlreichen abendlichen Besuche in den Pariser Tanzlokalen gemacht hat. Begleitet wurde sie bei ihren Ausflügen von ihrer Malerfreundin Jelka Rosen (1868–1935) wie auch von ihrer zeitweiligen Zimmernachbarin Käthe Kollwitz (1867–1945). Während Gerhardi für ihre impressionistischen Tanzszenen in Paris Anerkennung erfuhr, stieß sie in ihrer Heimat gerade mit diesen Arbeiten zunächst auf Ablehnung. Den Wunsch, ihre Tanzbilder 1904 in Wuppertal-Elberfeld zu Verkaufszwecken auszustellen, schlug der dortige Kunstverein der Malerin kurzerhand aus. „Wahrscheinlich sind ihnen meine Pariser Bilder zu unmoralisch und sie fürchten für die Söhne und Töchter der ‚Mucker‘“, mutmaßte Ida Gerhardi verärgert. Ihr selbst erschienen ihre Kritiker weitaus anstoßerregender als das eigene Werk, denn „alle Menschen mit moralischen Bedenken sind immer bedenklich“ (Gerhardi 2012, S. 231).
LWL-Museum für Kunst und Kultur (Hg.): Die Gemälde der Moderne 1900 bis 1960. Die Sammlungen des LWL-Museums für Kunst und Kultur in Münster [Best.-Kat. LWL-Museum für Kunst und Kultur, Münster 2023], Petersberg 2023, S. 157f.
Gerhardi, Ida an Elisabeth Gebhard, 19. Juni 1904, in LWL-Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster: (Hg.): „Wozu die ganze Welt wenn ich nicht malte“. Ida Gerhardi (1862– 1927). Briefe einer Malerin zwischen Paris und Berlin, Essen 2012.
- 1927–o. J. Nachlass der Künstlerin
- o. J.–2011 Privatbesitz, Deutschland
- 2011 erworben