
Carl Busch Die Mutter des Künstlers, 1933
Ein gutes Beispiel für die Anpassungsfähigkeit des Künstlers, der am 1. Mai 1933 in die NSDAP eintrat, an „politisch korrekte“ Themen ist das Porträt seiner Mutter beim Stricken, das noch im Entstehungsjahr, 1933, aus der ersten "Ausstellung des Reichskartells der bildenden Künste" im Landesmuseum, der Nachfolge-Schau der regelmäßigen Ausstellungen der "Schanze", angekauft wurde. Der NS-Gaukulturwart Hermann Bartels (1900–1989) forderte in der Begleitpublikation, Kunst müsse „natürlich und einfach“ sein, „volksgebunden“, das Gegenteil eines „künstlerischen Liberalismus“, der Künstler müsse „sich versenken in die Seele des neuwerdenden Volkes“. Dieses Gemälde diente dort als Illustration. Das präzise konturierte, helle und gedeckt farbige Bildnis der skeptisch über den Brillenrand blickenden Frau ist vor räumlich unbestimmte pastose Flächen gestellt, denen nur der Pfosten der Stuhllehne und gegenüber der Baumstamm Halt geben. Die grüne Baumkrone über dem Kopf bleibt als grob strukturierte Farbfläche ebenso im Ungefähren, schließt aber die Komposition, so dass der Blick des Betrachters kreisend das Bild durchwandern kann. Die hier gezeigte fleißige ältere Frau entsprach dem traditionellen Frauenbild der auf dem Altenteil für das Wohl des Bauernhofs wirkenden Altbäuerin und passte gut in die „Blut-und-Boden“-Ideologie des Nationalsozialismus. Erstaunlicherweise fehlte das Bild in der propagandistischen Ausstellung des Westfälischen Kunstvereins „Die deutsche Frau“ (Mai/Juni 1934), ein „Überblick über dasjenige Kunstschaffen der letzten achtzig bis hundert Jahr .., in welchem das Leben und die Persönlichkeit deutscher Frauen so gestaltet ist, wie wir es im neuen Deutschland bejahen, und von wo aus ein Weg zu einer neuen Kunst gefunden werden kann … vornehmlich zeigt diese Ausstellung die Frau in der Familie, als Mutter oder bei der Arbeit, wie sie ihrer Bestimmung lebend den Alltag beseelt.“ Wurde es vielleicht außer Katalog gezeigt? GD Literatur: Bartels, Hermann: Kunst im neuen Staat. 1. Ausstellung des Reichskartells der bildenden Künste Münster 19. Nov. – 17. Dez. 1933, in: Das schöne Münster, 5. Jg. Heft 18 (Dez. 1933), S. 299-311, hier S. 300 (Abb.). Dethlefs, Gerd: Carl Busch, Flüchtlinge, 1941 (LWL-Museum für Kunst und Kultur / Westfälisches Landesmuseum, Das Kunstwerk des Monats November 2020).
Dethlefs, Gerd
© Daniel Anczykowski, Münster
- 1933 erworben vom Künstler aus der Ausstellung des Reichskartells bildender Künstler, Münster
Maße
Höhe 85.5 cm Breite 71.5 cm
Material
Öl, Leinwand Inventarnummer
644 LM Standort
Nicht ausgestellt Kunstwerk des Monats
KdM_11_2020.pdf