
Eugen Bracht Das Gestade der Vergessenheit, 1911
Das Bild kopiert das unbestrittene Hauptwerk des Künstlers, das 1889 bei der Berliner Kunstausstellung mit der Großen Goldenen Medaille prämiert und von Kaiser Wilhelm II. angekauft wurde. Diese sechste Fassung von sieben malte der Künstler im Auftrag des Mäzens Joseph Hötte als Variation; schon 1909 hatte Max Geisberg dem Mäzen vorgeschlagen, eine verbesserte Wiederholung in Auftrag zu geben. Der Titel war bei den ersten Fassungen Teil des Kunstwerks, ist hier aber nur rückseitig auf die Leinwand notiert mit der Werkverzeichnungsnummer 865. Das Bildmotiv zeigt keine reale, sondern eine fiktive Landschaft, Felsen an einem Meeresufer zwischen drohender Gewitterfront und lichtem Wolkenhimmel, die Spitzen des rötlichen Gesteins in warmes Sonnenlicht getaucht, Sand- oder Schneehalden mit Totenschädeln. Bracht folgte hier symbolistischen Bildern Böcklins („Die Toteninsel“, 1880); es spiegelt mit wenigen anderen eine depressive Lebensphase des Künstlers nach dem Tod seiner ersten Frau 1887. Geisberg würdigte das Bildmotiv in einem Brief an Hötte (10.11.1908): „Das Eigentümliche der Brachtschen Kunst ist eine überwältigende Grösse der Darstellungen in sich, die naturgemäss auch bei einem grossen Formate am allerbesten zum vollen Ausdruck kommt. ... Das gilt vor allem von dem „Gestade der Vergessenheit“, von jenem Bilde, das Sie mir damals besonders genannt hatten … das Motiv ist vom Toten Meer genommen, wo der Künstler auf einer Orientreise einmal Abends eine ähnliche Wirkung sah; wo das Meer immer neue grosse Muscheln und Sand gegen den Felsen gespült hatte. … Rechts die hohen zerklüfteten Felsen, die von der Rückseite her, von der goldenen scheidenden Sonne bestrahlt werden. Vom verwehter Sand mit einzelnem Totengebein, links das unendliche Meer, das in den Himmel übergeht. Ich muss gestehen, dass mir dieses Bild in seiner schlichten Grösse und unendlich ergreifenden Wirkung immer noch das Beste zu sein scheint, was Bracht überhaupt gemalt. …“ GD Literatur: Osborn, Max: Eugen Bracht (Künstler-Monographien 97), Bielefeld 1909, S. 52-53, 72-74. Le salon imaginaire. Bilder aus den großen Kunstausstellungen der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts [Ausst.-Kat. Akademie der Künste Berlin 1968], Berlin 1968, S. 130-132, Abb. Nr. 16. Kessemeier, Siegfried: Max Geisberg. Glückwunschblatt für Joseph Hötte 1918 (Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster, Das Kunstwerk des Monats März 1983). Großkinsky, Manfred (Hg.): Eugen Bracht 1842–1921. Landschaftsmaler im wilhelminischen Kaiserreich [Ausst.-Kat. Mathildenhöhe Darmstadt 1992], Darmstadt 1992, S. 40-41, 95-98, 234-234. Brummer, Hans Henrik (Hg.): SeelenReich. Die Entwicklung des deutschen Symbolismus 1870-1920. [Ausst.-Kat. Schirn /Frankfurt 26. Februar bis 30. April 2000 / Birmingham 26. Mai bis 30. Juli 2000 / Stockholm 25. August bis 5. November 2000], S. 93, 304, 318, Kat. Nr. 38. Großkinsky, Manfred (Hg.): Eugen Bracht 1842–1921 [Ausst.-Kat. Museum Giersch, Frankfurt (Main) 2005 / Landesmuseum Oldenburg 2006], Frankfurt (Main) 2005, S. 15-21, 69, 77, 131.
Dethlefs, Gerd
Schenkung Joseph Hötte, Münster
- 1911 erworben durch Schenkung Joseph Hötte, Münster
Maße
Höhe 139 cm Breite 239 cm
Material
Öl, Leinwand Inventarnummer
444 LM Standort
Nicht ausgestellt Kunstwerk des Monats
https://de.wikipedia.org/wiki/Eugen_Bracht