Pierre Drevet
Biografie
Vita-Zeile: Drevet, Pierre, frz. Kupferstecher, *20.7. (get. 16.8.) 1663 Loire-sur-Rhône b. Lyon, +9.8.1738 Paris. Letztes der neun Kinder von Etienne D.le jeune und Catherine Charnoud, wohlhabenden Bauern und Ziegeleibesitzern, Vater von Pierre-Imbert D., Onkel von Claude D. Erste Ausb. in Loire-sur-Rhône, wo lt. Angabe in den Pfarr-Reg. ein gewisser Louis Rigaud, "Maistre d'Eschole à Loyre", wahrsch. einer von D.s Lehrern ist. Nach dem Tod des Vaters 1675 nimmt D. eine Lehre beim Kupferstecher Germain Audran in Lyon auf (nach Arch.-Dok. bestehen Patenschaften zw. den Fam. Audran und D.). Lt. Ehevertrag des Bruders Anthoine (1684) und Test. der Mutter (1685) kosten Ausb. und Erziehung 80 livres. Die erste Begegnung mit Hyacinthe Rigaud, aus der sich eine enge Freundschaft entwickelt, findet wahrsch. in Lyon statt, wo Rigaud bis 1681 einige Jahre tätig ist. Obwohl G.Audran kein herausragender Stecher ist, macht D. durch dessen Ausb. rasch Fortschritte im Zeichnen wie auch in Kpst. und Radierung. Weiterhin nutzt er direkt oder indirekt den Unterricht des Lyoner Malers Thomas Blanchet, der vor seinem Weggang nach Paris zus. mit Antoine Coysevox in Lyon eine Ec. acad. gründet (über deren Funktionsweise ist nur bek., daß Blanchet ihr Dir., G.Audran zunächst "adjoint à prof." und später Prof. ist). Nach der fundierten Ausb. geht D. um 1683 nach Paris zur Weiterbildung bei Girard Audran, dem Bruder seines früheren Lehrers. Entgegen allen Erwartungen folgt er nicht dem von Girard Audran vorgezeichneten Weg, dem die Verbindung von Rad. und Kpst. in vollkommener Weise gelang; durch die Freundschaft zu Rigaud und die Vorliebe für den Grabstichel wendet sich D. dem schwierigen Portr.-Stich zu. Dieser macht den größten Teil seines Oeuvres aus, gleichwohl sticht er auch einige relig. Sujets: z.B. Opfergabe von Abraham; Verkündigung Mariä; Kalvarienberg, alle nach Antoine Coypel; Christi Geburt, nach Rigaud; Reue des hl. Petrus, nach Antoine Dieu. Lt. Mariette vervollkommnet D. außerdem von seinen Schülern beg. Stiche oder läßt sie nach seiner Anleitung ausführen, u.a. Unterweisung Mariä und Vermählung Mariä, beide von Michel Dossier, und Der hl. Bruno, beg. von Simon Vallée; kurz nach 1707 vollendet er das von Gérard Edelinck angefangene Bl. Die Fam. von Darius. - Die früheste bek. Arbeit ist das Portr. de Pierre-Vincent Bertin, das Girard Audran veröffentlicht (1688) wie auch die Portr. von Mme Desjardins; Mme Keller, beide 1689, und dem Duc de Lesdiguières, 1691, alle nach Rigaud. Nach ihm sticht D. außerdem 1690 das bemerkenswerte Portr. von Maximilien Titon (ohne Angabe des Verlegers). E.1691 verläßt er das Atelier von G.Audran und arbeitet ab A.1692 auf eig. Rechnung. Auf dem ersten nun entstandenen Bl., einem Portr. von Ludwig XIV. nach Charles Poërson, ist die Adresse "au Point de France attenant St. Severin" angegeben; der Mercure galant hebt im Febr. 1692 den Erfolg dieses von "sieur Drevet" gestochenen Portr. hervor, das derzeit als das mit der größten Ähnlichkeit zu Ludwig XIV. angesehen wird. In dieser Zeit hat D. zwei weitere Adressen in der Rue Saint-Jacques: Haus "Au Coq" und Haus "l'Image St-Prosper". Der Titel eines "graveur ordinaire du Roy" und die neue Adresse (Rue du Foin) werden im Ehevertrag v. 31.5.1696 genannt. Der Ehevertrag ist durch die Unterschriften angesehener Künstler ein Dok. der künstler. und ges. Anerkennung D.s: u.a. François Girardon mit Ehefrau Catherine Duchemin, Nicolas de Largillierre, François de Troy, Girard, Benoît und Jean Audran (alle Mitgl. der Akad.), Pierre Le Pautre, Architekt des Königs, und Guillaume Desprez, Drucker des Königs (Rigaud fehlt, da er in Perpignan seine Mutter porträtiert). 1702-26 lebt D. in einem in der "rue Saint-Jacques à l'Annonciation" gemieteten Haus; im Juli 1726 gewährt ihm der König ein "Brevet de Logement aux Gall. du Louvre". 1692 bis A.18.Jh. betätigt er sich nicht nur als Stecher, sondern auch als Verleger; zahlr. Stiche, deren Platten er sich besorgte, sind bek. und tragen sein "excudit". Neben dem Sohn, der ihn übertrifft, dem Neffen, Vallée und Dossier ist auch François Chéreau D.s Schüler und kommt dessen Perfektion am nächsten; außerdem ist es möglich, daß Claude Duflos Ratschläge von ihm erhielt. Zw. 1693 und 1703 (Aufnahme als "agréé" in die Akad.) sticht er u.a. folgende Portr., darunter viele Hw.: nach Rigaud u.a. Cardinal Louis-Antoine de Noailles, 1696; Christian de Guldenlew, chambellan de roi du Dannemark, 1698; Jacques-Nicolas Colbert, Erzbischof von Rouen, 1699; François-Louis de Bourbon, prince de Con ti (Prätendent von Polen); Rigaud à la palette, beide 1700; Louis, Grand Dauphin de France, 1701, und Philippe V, roi d'Espagne, 1703. Weiterhin arbeitet D. nach Largillierre (Nicolas Lambert de Thorigny und dessen Ehefrau Marie Lambert de L'aubépine, beide 1698), F.de Troy (Louis-Auguste de Bourbon, Prince de Dombes und legitimer Sohn von Ludwig XIV., mit einer Widmung von Nicolas de Mallezieu, um 1694, und Cardinal de Bouillon, 1696) und Joseph Vivien (François Girardon, Bildhauer, 1696). Am 30.7.1707 Aufnahme in die Akad. mit einem von Edelinck nach Largillierre gestochenen Portr. de Le Brun und der Auflage, das eigtl. geforderte Portr. de Robert de Cotte später nachzureichen, was erst 1722 geschieht. 1704-14 folgen weitere Hw., v.a. nach Rigaud (Duc de Bourgogne, Enkel von Ludwig XIV.; Marie d'Orléans, Duchesse de Nemours, beide 1707; Ludwig XIV. im Krönungsornat, 1712; Rigaud au porte-crayon, 1714; Louis-Alexandre de Bourbon, comte de Toulouse, à la main gantée, 1720). Außerdem sticht er nach Largillierre (Jacques-François-Edouard Stuart, Prinz von Wales, 1705), F.de Troy (Louis-Auguste de Bourbon, Prince de Dombes, 1706), Jouvenet (Camus de Pontcarré, Magistrat, 1704), Schild (Jean-Paul de Lillienstedt, Gesandter des Königs von Schweden, 1710) und Adriaen van der Werff (Cromwell; Fairfax, beide 1707). 1715-38 ist D.s Schaffen nicht sehr umfangreich; weiterhin sticht er nach Rigaud (Cardinal de Rohan, 1716; Louis 1er d'Espagne, 1724), F.de Troy (Friedrich August III., König von Polen, 1734), Gobert (Louis-Henri de Bourbon, prince de Condé, Minister von Ludwig XV., 1724), Liébault (Abt Jean Desmoulins, 1732, erst kürzlich gefundener Abzug) und Van Loo (de Gondrin d'Antin, Bischof von Langres). In dieser Phase wird die Zusammenarbeit mit dem Sohn immer enger, und ihre Werke sind nur schwer voneinander zu unterscheiden; meist überträgt D. ihm die Detailarbeiten, für die dieser berühmt wird. Zu den bemerkenswerten gemeinsamen Stücken gehören Ludwig XV., stehend, 1723, und als Medaillon, 1724; Christine-Caroline, Prinzessin von Württemberg; Dodun marquis d'Herbault, beide 1726; Beauveau du Rivau, Erzbischof von Narbonne, 1727; Cardinal de Fleury, 1730; Louis de Boullogne, peintre (1654-1733), um 1730, alle nach Rigaud. - Nach den ersten Portr. macht D. beständig Fortschritte; 1685-A.18.Jh. wird er von Rigaud beraten, dem er dafür mit einer Widmung auf dem Kpst.-Portr. Rigaud à la palette (1700) dankt. Diese Empfehlungen sind jedoch eher auf eine enge Zusammenarbeit zw. Maler und Stecher als auf Ratschläge des Meisters orientiert. Für D., der von der Manier eines Robert Nanteuil beeinflußt ist und Edelinck bewundert, ist der Grabstichel, den er kraftvoll und sehr geschickt handhabt, nicht der Technik, sondern Modell und Maler untergeordnet; diesem Prinzip folgt er auf intelligente Weise bis zur perfekten Wiedergabe der maler. Vorlage. Mit großem Einfühlungsvermögen und außergewöhnl. zeichner. Fähigkeiten vereint er emotionale Regungen, den stoffl. Char. der Gegenstände sowie Licht, Schatten und Farben in einem einfallsreichen Werk und erzielt auch die bereits bei Nanteuil anzutreffende samtigartige Wirkung. So wird er im 2.Drittel des 18.Jh. zum Vorbild vieler Stecher, wie z.B. Jean Daullé, Bernard Lépicié, René Gaillard, August (Georg Friedrich) Schmidt und Johann Georg, Will, die allerdings D.s Perfektion nicht erreichen. Er gilt vor Edelinck als bester reproduzierender frz. Portr.-Stecher vom E.des 17.Jh. und 1.Drittel des 18.Jh., nur der Sohn entwickelte D.s Manier weiter. In Anbetracht seiner künstler. Kraft und den vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten seiner Stichtechnik ist es bedauerlich, daß er keine selbständigen Werke schuf. Ein von Rigaud gemaltes Portr. befindet sich in Lyon, MBA.
Personen, mit denen Pierre Drevet in Verbindung stand.
Steckbrief
Kupferstecher, Verleger
20.07.1663 (Loire-sur-Rhône)
09.08.1738 (Paris)