Herbert Wilhelm Bayer

Biografie

Nach der Lehre in einem Kunstgewerbeatelier und der Tätigkeit bei einem Architekten studierte Herbert Bayer von 1921 bis 1925 am Staatlichen Bauhaus in Weimar. Nach dem obligatorischen Vorkurs bei Johannes Itten (1888–1967) besuchte er im Anschluss den Unterricht von Paul Klee (1879–1940) sowie Wassily Kandinsky (1866–1944) in dessen Werkstatt für Wandmalerei. Nach der Gesellenprüfung 1925 leitete er die neu eingerichtete Werkstatt für Druck und Reklame des Bauhauses und war fortan für dessen sämtliche Drucksachen verantwortlich. 1928 verließ Bayer das Bauhaus, gestaltete Ausstellungen und arbeitete als Art Director für die Zeitschrift Vogue in Paris. In seiner Funktion als künstlerischer Leiter der Werbeagentur Studio Dorland, Berlin, war er ab 1933 für die Gestaltung von Ausstellungen der NS-Propaganda verantwortlich. Diese Tätigkeit behielt er bis zu seiner Emigration in die Vereinigten Staaten 1938 bei, zu der er sich aufgrund des verstärkten Drucks des Regimes auf seine künstlerische Arbeit gezwungen sah. Im Jahr zuvor waren nachweislich drei Werke Herbert Bayers im Rahmen der NS-Aktion „Entartete Kunst“ aus verschiedenen Museumssammlungen beschlagnahmt worden. Ab den 1950er-Jahren war er weltweit als Künstler präsent. Er stellte auf der Biennale von São Paulo 1957 aus und beteiligte sich 1964 an der documenta III in Kassel. Seine surreal wirkende Fotografie „Lonely Metropolitan“ aus dem Jahr 1932 wurde 2012 als bisher teuerste Fotografie weltweit versteigert.

Steckbrief

Beruf
Maler, Grafiker, Entwerfer, Architekt, Bildhauer, Fotograf, Freskomaler, Buchgestalter, Environmentkünstler
Biografie
  • Teilnehmer: documenta 3, Kassel 1964: Künstlerischer Beitrag: Druckgraphik
  • Biogramm: 1919-20 arbeitete B. im Büro des Linzer Architekten und Entwerfers G.Schmidthammer, ab 1921 als Ass. des Architekten Josef Emanuel Margold in der Darmstädter Künstlerkolonie. 1921 Stud. am Bauhaus in Weimar; zunächst Vorkurs bei Johannes Itten, danach in der Werkstatt für Wandmalerei, die von Wassily Kandinsky geleitet wurde. 1923 Italienreise. 1925 Ende der Ausbildung mit Gesellenprüfung vor der Malerinnung und Berufung als Leiter der Werkstatt für Druck und Reklame am Bauhaus in Dessau; Heirat der Fotografin Irene Angela B. 1928 verließ er das Bauhaus, um sich verstärkt seiner eigenen künstler. Tätigkeit widmen zu können, und zog nach Berlin. Dort arbeitete er als Werbegraphiker und künstler. Leiter der Werbeagentur Dorland. 1938 Emigration in die USA. 1946 übersiedelte er von New York nach Aspen/Colo. M. der 50er Jahre bereiste er nochmals Sizilien und zum ersten Mal Nordafrika. 1974 Übersiedlung nach Montecito/Calif. Preise: 1931 New York, 1. Preis, Foreign Advertising Exhib.; 1936 Med. der Stadt Salzburg; 1961 Gold-Med., Art Directors Club of Philadelphia; 1965 Trustees Award, Aspen Inst. for Humanistic Studies, Colorado; 1968 Ambassador's Award for Excellence, London; 1969 Kulturpreis für Fotografie, Köln; 1970 Gold-Med., Amer. Inst. of Graphic Arts; 1971 Adalbert Stifter Preis für bildende Kunst, Linz; 1973 Ehrendoktorat der TU Graz; 1974 D.F.A., Philadelphia College of Art; 1978 Österr. Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst. - Seit Beginn seiner künstler. Tätigkeit ist B.s Werk vom meist gleichzeitigen Nebeneinander der unterschiedlichsten gestalter. Disziplinen geprägt. Während seiner Stud.-Zeit am Bauhaus entstanden bereits eine Fülle von typograph. Arbeiten, Plakatentwürfen sowie Wandmalereien, die mit der ersten großen Ausst. des Bauhauses 1923 in engem Zusammenhang standen. Mit diesen Arbeiten setzte B. Ideen der niederländ. De Stijl-Gruppe im Bereich der angewandten Kunst um: Reduktion auf die Primärfarben und geometr. Grundformen, gleichzeitig spiegeln sie auch seine Auseinandersetzung mit den Form- und Farbüberlegungen seines Lehrers Kandinsky wider. Seine typograph. Arbeiten dieser Zeit basieren einerseits auf den russ. Konstruktivisten, andererseits auf der neuen, funktionellen Typographie von Laszlo Moholy-Nagy. 1923 reiste B. nach Italien und Sizilien und setzte die Eindrücke in zahlr. freien künstler. Arbeiten, meist Gem., um. Seine wichtigsten Neuerungen während seiner Lehrtätigkeit am Bauhaus waren die Einführung der Kleinschrift und der DIN-Normen sowie das Einbeziehen der Fotografie in die graph. Gestaltung. Sein maler. Werk dieser Zeit, meist Aqu. und Gouachen, beschäftigt sich mit der Problematik Form-Raum; er fand zu völlig gegenstandsfreien Lösungen ('Hängende Architektur', 1925; 'Schwebende Plastik', 1925) oder zeigt kulissenhafte Traumlandschaften, deren Requisiten Buchstaben oder geometr. und vegetabile Formen sind ('Kulissenbild', 1925; 'Porträt HB', 1928; 'Die Welt der Buchstaben', 1928/29). Ausgehend von den Foto-Experimenten eines L.Moholy-Nagy, begann B. 1928 systemat. Experimente mit reiner Fotografie. Eine große Zahl von Werbeplakaten entstand, in denen er formale avantgardist. Prinzipien einsetzte und erstmals Graphik, Fotografie und Typographie miteinander kombinierte (Plakat für 'Lange Radio', 1931; 'Reklame für Adrianol-Emulsion', 1935; Titel-Bll. für die 1928 gegründete Zs. 'Die neue Linie'). Des weiteren arbeitete er an der Gestaltung versch. Ausst. (1930 Paris, Ausst. des dt. Werkbundes; 1931 Berlin, Baugewerkschafts-Ausst.), entwickelte die Bayer-Type und die konturlose Schattenschrift. 1931/32 entstanden eine Reihe von Fotomontagen, u.a. das bekannte 'Selbstporträt', 1932. 1934 reiste er gemeinsam mit Marcel Breuer über Jugoslawien nach Griechenland, wobei zahlr. Fotografien und Gem. entstanden. 1936/37 begann er, ausgehend von ländlichen architekton. Motiven, die Bilderserie 'Dunstlöcher-Malerei'. In diesen Gem., die in surrealer Anordnung einfache, frontal gesehene Gegenstände an einer Wand zusammenfügen, geben gemalte Löcher den Ausblick in einen dahinter liegenden imaginierten Raum frei. In der Serie 'Photoplastiken' übertrug er die künstler. Prinzipien der Dunstlöcher-Bilder in den Bereich der Fotomontage. Aufgrund des immer stärker werdenden polit. Drucks der Vorkriegsjahre in Dtld entschloß sich B. 1938 zur Emigration in die USA. In New York arbeitete er zunächst an der Gestaltung der Bauhaus-Ausst. am Mus. of Mod. Art; die Gestaltung von Ausst.-Räumen nahm auch weiterhin einen bedeutenden Stellenwert in seiner Tätigkeit ein (z.B. 1943 "Airways to Peace", Mus. of Mod. Art, New York; 1945 "Modern Art in Advertising", Art Inst., Chicago; 1968 "50 Jahre Bauhaus", Stuttgart). Seine erste Bilderserie, die in den USA entstand, ist 'Signs and Signals', mit der er in der ihm eigenen symbol. Bildsprache Elemente der surrealen Malerei, architekton. Reminiszenzen, biomorphe und menschl. Formen sowie zeichenhafte Gebilde verarbeitet. 1939 hatte er die Bekanntschaft des Bildhauers Alexander Calder gemacht, mit dem ihn eine langjährige Freundschaft verbinden sollte. 1946 kam es zu einer grundsätzl. Umorientierung in seinem künstler. Schaffen. Die Hinwendung zu abstrakten Gestaltungsprinzipien, die sich schon mit dem Beginn der Serie 'Mountains and Convolutions', 1944-53, angekündigt hatte, fand ihre Fortsetzung - die surrealen Bildelemente verschwanden. Neben die Tafelmalerei trat die Gestaltung von Wand-Gem., er arbeitete weiterhin intensiv als Werbegraphiker, Gestalter von Büchern, Kartenwerken (1948-53 Gestaltung des World Geographic Atlas) und als Architekt des Aspen Inst. for Humanistic Studies. Seine Tätigkeit als Architekt begann mit der Gestaltung des Aspen Sundeck Ski Restaurant, 1946; bis 1965 entwarf er zahlr. Gebäude und Innenraumgestaltungen in Aspen und anderen Orten der USA. A. der 50er Jahre hatte er sich bereits internat. den Ruf als Wegbereiter moderner graph. Gestaltung erworben, der sich in einer umfangreichen Ausst.-Tätigkeit niederschlug. 1953 begann er die Serie 'Linear structure paintings'; am Aspen Inst. gestaltete er bereits 1955 das bis dahin erste Earthwork-Environment und den 'Marble Garden', die zehn Jahre später beginnende Arbeiten der Land-Art antizipieren. 1959 begann er die Serie 'Moon and Structures', in denen großflächige, reduzierte geometr. Formen den Bildaufbau bestimmen. Ab 1966 arbeitete er an chromat.-geometr. Gem., die ihn die nächsten zehn Jahre beschäftigten. In diesem Zeitraum entstanden über 1000 Bilder, Zchngn, Lith. und Serigraphien mit abstrakten Farbfolgen. Seine chromat. Untersuchungen setzte er seit den 60er Jahren auch auf dem Gebiet der Skulptur ein. Mit der 'Anthology'-Serie hielten seit M. der 70er Jahre Bildelemente, die teilweise auf das Formenrepertoire seines fünfzigjährigen Schaffens und der Maler am Bauhaus zurückgreifen, Einzug in seine Bildwelt.
  • Vita-Zeile: Bayer, Herbert, österr.-US-amer. Maler, Fotograf, Werbegraphiker, Typograph, Architekt, Gestalter von Skulpturen und Environments, *5.4.1900 Haag am Hausruck/OÖ, +30.9.1985 Montecito/Calif.
Geboren
05.04.1900 (Haag am Hausruck)
Verstorben
30.09.1985 (Montecito (Kalifornien))